Wolf wird zur Chefsache
Netzwerk soll Daten, Informationen und Sichtungen zusammenführen. Nabu: Thüringen braucht eine Kompetenzstelle für den Wolf
Erfurt. Die nächsten Wochen und Monate werden spannend. Tappt die scheue Wölfin, die sich auf dem Ohrdrufer Truppenübungsplatz offensichtlich recht wohl fühlt, in eine der neu installierten Fotofallen? Und: Gibt es vielleicht bereits einen Partner, der mit ihr durchs Dickicht streift?
Gemeinsam mit Tierhaltern, Naturschützern und Jägern hat das Thüringer Umweltministerium in den vergangenen Jahren einen Wolfsmanagementplan erarbeitet. Dieser soll nun schrittweise umgesetzt werden. „Die Zeit drängt – ein zentraler Punkt des Monitorings ist das Sammeln und Auswerten von Informationen“, erklärt Nabuwolfsexperte Silvester Tamás. Neben der Kameraüberwachung gehören auch Spurenund Nahrungsanalysen sowie diverse genetische Untersuchungen zu dem Vorhaben. „Wichtig bei den Vorbereitungen war auch, dass die Zuständigkeiten sowie Kommunikationswege geregelt sind und die Entschädigungszahlungen und die Förderungen für den Ausbau des Herdenschutzes problemlos und unbürokratisch erfolgen“, erklärt Tamás weiter.
Vermutlich werden weitere Wölfe nach Thüringen kommen und sich fortpflanzen. Zumal es in den Nachbarländern etliche stabile Wolfspopulationen gibt. „Wir liegen in der Mitte Deutschlands und zentral in Europa – es ist nur eine Frage der Zeit, bis weitere Tiere oder ganze Rudel bei uns heimisch werden.“Deshalb müssten alle Daten zentral und für alle zugänglich gesammelt werden. „Außerdem haben wir angeregt, in der Landesanstalt für Umwelt und Geologie eine Kompetenzstelle für den Wolf zu schaffen, die das Thema in der Öffentlichkeit kommuniziert und moderiert.“
Der Wolf breitet sich seit dem Jahr 2000 wieder in Deutschland aus. Bundesweit sind derzeit 61 Rudel mit jeweils sieben bis zehn Tieren und neun weitere Paare registriert.
Nach den zahlreichen Übergriffen in Thüringen appelliert der Naturschutzbund erneut an die Tierhalter, die Sicherheitsvorkehrungen zu verstärken. „Ein 1,20 Meter hohe Elektrozaun macht es dem Wolf schwer, ein Schaf zu reißen“, so Tamás. Außerdem empfiehlt er den Einsatz ausgebildeter Herdenschutzhunde, die sich im Gegensatz zu den Hütehunden den Wölfen entgegenstellen.
Allein in diesem Jahr wurden über 70 Schafe und Ziegen von der Ohrdrufer Wölfin gerissen. Tamás: „Panikmache und Abschussforderungen helfen nicht weiter – wir müssen uns mit dem Beutegreifer arrangieren.“