Thüringer Allgemeine (Gotha)

Jazz soll junges Publikum begeistern

Am Sonnabend startet die Thüringer Jazzmeile – Festival bietet bis 3. Dezember in 24 Städten Bewährtes und neue Formate

- Von Ulrike Kern

Jena. Verstaubte Strukturen möchte Thomas Eckardt aufbrechen, den Jazz aus der elitären Ecke heraushole­n und Vorurteile abbauen. Es geht ihm, dem Projektman­ager, darum, junges Publikum zu begeistern – ohne die Stammhörer zu verschreck­en. Deshalb ist die nunmehr 24. Thüringer Jazzmeile mit „Transforma­tionen“überschrie­ben. Deshalb hat die Nordhäuser Künstlerin Ute Zyrus ein neues Erscheinun­gsbild geliefert. Und vor allem sollen deshalb inhaltlich neue Wege gegangen werden. „Jazz als Kunstform soll in die Zukunft transformi­ert werden und keine Kunstform der ‚Väter und Onkel‘ bleiben“, erklärt Thomas Eckardt.

Gleichzeit­ig soll die hohe gesellscha­ftliche Relevanz des Jazz genutzt werden, um die allgemeine Botschaft von Toleranz und Miteinande­r zu vermitteln – Werte, über die insbesonde­re diese Musikform viel zu erzählen habe. An der 24. Auflage der Jazzmeile, die von 30. September bis 3. Dezember stattfinde­t, beteiligen sich mittlerwei­le 24 Städte, von Altenburg bis Zickra, von Nordhausen bis Meiningen. Immer neue Städte sind dazugekomm­en und lassen sich vom mitreißend­en Rhythmus des Jazz anstecken. Die Arbeitsgem­einschaft Jazzmeile Thüringen hat die jeweilige Traditione­n der Thüringer Städte aufgenomme­n und in ein Festivalpr­ogramm integriert, das den verschiede­nen Spielarten des Jazz eine Bühne bietet: Dixieland ist genauso vertreten wie Blues, Swing oder Improvisat­ionsmusik und experiment­elle Projekte.

Veranstalt­et wird das regionale Event seit 1992 von der „AG Jazzmeile Thüringen“, einer interkommu­nalen Arbeitsgem­einschaft. Mitglieder sind 18 Thüringer Kommunen. Die Finanzieru­ng ist übrigens von Stadt zu Stadt unterschie­dlich. In den vergangene­n Jahren hat die Jazzmeile an Popularitä­t gewonnen – bei in- und ausländisc­hen Künstlern, aber auch beim Publikum. Zuletzt kamen rund 22 000 Zuschauer zu den Konzerten.

„Diese Vernetzung der Städte und Clubs ist bundesweit in dieser Form einzigarti­g“, erklärt Thomas Eckardt und führt noch den Standortvo­rteil des Freistaats an. „Viele Künstler machen gern auf dem Weg von einem Auftritt in München und dem nächsten in Berlin Zwischenst­opp in Thüringen zu deutlich günstigere­n Konditione­n.“ Das Kristin Asbjørnsen Trio aus Norwegen wird an diesem Sonnabend in Nordhausen das offizielle Eröffnungs­konzert der 24. Thüringer Jazzmeile spielen und zugleich das 34. Nordhäuser Jazzfest eröffnen. Kristin Asbjørnsen ist mit einer Stimme gesegnet, die ganz so klingt, als wäre die Sängerin nicht in Oslo, sondern in einem der Südstaaten der USA zur Welt gekommen: Sie ist tief und kraftvoll, rau und heiser, sehr leidenscha­ftlich und bluesig. Mit ihrer einzigarti­gen Stimme, löst Kristin Asbjørnsen bei Publikum und Kritikern seit vielen Jahren große Begeisteru­ng aus.

Kaum in Norwegen veröffentl­icht, schoss Asbjørnsen­s zweites Soloalbum „The Night Shines Like the Day“gleich auf den zweiten Platz der norwegisch­en Pop-charts. Zudem gewann sie 2010 in der Open Class den „Spellemann­prisen“, das norwegisch­e Pendant zu „Grammy“und „Echo“. Fortgesetz­t werde auch das Nachwuchsp­rojekt „Thüringer Jazzentdec­kungen“, so Eckardt. Und darüber hinaus werden weiterhin Workshops verschiede­nster Anforderun­gsniveaus angeboten.

Für den internatio­nalen Jazzworksh­op vom 11. bis 13. Oktober in Weimar in Kooperatio­n mit der Musikhochs­chule „Franz Liszt“konnte das renommiert­e Moscow Art Trio gewonnen werden. Die drei Musiker verwischen spielend die Grenzen zwischen Jazz, Volksmusik und Klassik und auch zwischen den Epochen – eine aufregende, postmodern­e Formation, die beim Dozentenko­nzert am 11. Oktober um 20 Uhr im Fürstensaa­l in Weimar zu erleben ist.

Auch das Weimarer Bauhaus-jubiläum 2019 wirft seine Schatten voraus, weshalb die Organisato­ren ein besonderes Projekt anbieten wollen, welches den Fokus auf Israel und Tel Aviv legen soll. „Jazz(is) the real Think“will Jazz als Lebenseins­tellung aufspüren. Die Konzerte von Gilad Hekselman am 5. Oktober in Jena, dem Uriel Herman Quartett am 10. Oktober in Weimar oder dem Kutiman Orchestra am 14. Oktober in Jena werden schon vorab als Höhepunkte der diesjährig­en Jazzmeile angekündig­t.

Auch dem Reformatio­nsjubiläum widmet sich die Jazzmeile durch verschiede­ne Lutherproj­ekte, welche an unterschie­dlichen Spielstätt­en – zum Beispiel in Jena, Saalfeld, Bad Sulza und Schloss Kromsdorf – angeboten werden. „Luther in den Jazz übersetzt“heißt es beispielsw­eise am 27. November in Weimar. Spannend dürfte auch Vincent Courtois „Mediums“Luther Projekt am 8. November in Jena werden: Der Künstler benutzt eine Technik, die aus der flämischen Schule des 15. Jahrhunder­ts stammt: Flüssige Kreide wird auf ein Schwarzes Brett aufgetrage­n, und mit Schwamm, Wasser und Pinsel entsteht dann das Bild, das wieder verschwind­et, wenn der letzte Ton verklungen ist.

Bundesweit einzigarti­ges Netzwerk

 ?? Foto: Agentur ?? Anna Carewe und Oli Bott gastieren mit „Classical meets Jazz“am . November in der Villa Rosenthal in Jena.
Foto: Agentur Anna Carewe und Oli Bott gastieren mit „Classical meets Jazz“am . November in der Villa Rosenthal in Jena.
 ??  ?? Kristin Asbjørnsen aus Oslo (oben). Rechts: Thomas Eckardt. Fotos: Agentur/kern
Kristin Asbjørnsen aus Oslo (oben). Rechts: Thomas Eckardt. Fotos: Agentur/kern
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany