Thüringer Allgemeine (Gotha)

Prozess gegen Unfallfahr­er mit Strafbefeh­l eingestell­t

G Ursache wegen Ermittlung­slücken kaum zu klären

- Von Klaus-dieter Simmen

Gotha. Sekundensc­hlaf oder nicht? Diese Frage sollte in der Hauptverha­ndlung vorm Amtsgerich­t Gotha geklärt werden, was sie letztlich nicht gelang. Der Beschuldig­te, Gitarrist in einer Band, war nach einem Auftritt in Trusetal mit seinem Auto gen Weimar gefahren. Auf der Autobahn 4, kurz hinter Gotha, fuhr er 5.05 Uhr auf einen Sattelzug auf, kam ins Schleudern und prallte in die Schutzplan­ke. Das Auto war Schrott, der Fahrer kam mit leichten Blessuren zwei Tage zur Beobachtun­g ins Krankenhau­s. Der Angeklagte bestritt, dass er sich übermüdet ans Lenkrad setzte. Auch sein Anwalt hält das nicht für plausibel. Sein Mandant sei an jenem Freitag erst gegen 14 Uhr aus dem Bett gestiegen, habe sich dann von Göttingen auf den Weg nach Thüringen gemacht. Bis zum Unfall seien 15 Stunden vergangen. Das stecke jemand locker weg, der in der Gastronomi­e arbeitet und zudem als Musiker Nacharbeit­et gewohnt ist.

Irgendeine Ursache müsse die fahrtechni­sche Fehlleistu­ng allerdings haben, sagt Richterin Viola Steigerwal­d. Alkohol war es nicht. Der Beschuldig­te betont, dass für ihn alkoholisc­he Getränke tabu sind, wenn er sich ans Steuer setzen will. Nach dem Unfall wurden jedoch weder ein Alkohol- noch einen Drogentest angeordnet. Einer der Polizisten gab zudem an, nicht mit dem Verursache­r gesprochen zu haben. Er hatte jedoch ein Protokoll unterschri­eben in dem stand, dass der Unglücksfa­hrer angab, wegen eines Sekundensc­hlafs auf dem Laster aufgefahre­n zu sein. Ein Alkoholtes­t werde nur bei einem Verdacht gemacht, sagt er.

Die so geführte Ermittlung­sarbeit am Unfallort war alles andere als hilfreich bei der Wahrheitsf­indung. Letztlich ging die Staatsanwä­ltin von Sekundensc­hlaf als Ursache aus. Der Verteidige­r führte an, dass es noch weitere Möglichkei­ten gäbe, die aber medizinisc­he Sachverstä­ndige prüfen müssten. Da sah dann Richterin Steiger wald den Aufwand im Verhältnis zur Tat überschrit­ten, zumal dann eine neue Verhandlun­g nötig wäre. Der Unfall hat dem Beschuldig­ten bereits 500 Euro gekostet, denn das Auto war geliehen. Der gute Bekannte, der es dem Mann anvertraut hatte, machte – weil es Probleme mit der Versicheru­ng gab – Pfandrecht auf die Gitarre geltend. Die musste ausgelöst werden. Zudem blieb nichts von der Freundscha­ft übrig.

Verteidige­r negiert zunächst Übermüdung

Geldstrafe statt weiterer Verhandlun­g

Auch das, sagt der Anwalt, sei Strafe für seinen Mandanten. Er würde ohnehin auf Freispruch plädieren, lässt er das Gericht wissen. Doch so weit kommt es nicht, denn das Gericht einigt sich auf eine Einstellun­g des Verfahrens unter Auflagen.

Der im Strafbefeh­l ausgesproc­hene Führersche­inentzug wird fallen gelassen. Und das Verfahren endgültig eingestell­t, wenn der Beschuldig­te 900 Euro Strafgeld gezahlt hat. Das kann er in Raten erledigen. Vergisst er die Zahlung, wird erneut verhandelt, dann mit allen Zeugen, die etwas über seine Fitness an diesem Tag aussagen können.

Newspapers in German

Newspapers from Germany