Berufsschüler kommen eigenen Grenzen ganz nahe
61 Teilnehmer eines Ausbildungscamps leben eine Woche lang unter einfachsten Bedingungen
Reinhardsbrunn. Was auf den ersten Blick nach einer lustigen Klassenfahrt aussieht, entpuppt sich schnell als intensive Selbsterfahrung. Die eigenen Grenzen ausloten und mit Unterstützung der Gruppe überwinden – dies gelingt derzeit knapp 61 mutigen Schülern des staatlichen Berufsschulzentrums Gotha-west.
Der Lehrplan der angehenden Sozialassistenten sieht vor, dass zur zweijährigen theoretischen und praktischen Ausbildung auch ein einwöchiges Kennenlerncamp außerhalb des vertrauten Umfeldes gehört. Getreu dem Motto: Raus aus der heimischen Wohlfühloase, rein in die Natur mit all ihren Tücken.
Da die Berufsschüler während der Camp-woche in Zelten unter freiem Himmel schlafen, zählen verregnete und kühle Herbsttage sowie allmorgendliche Brunftlaute benachbarter Hirsche ebenso dazu, wie ein abwechslungsreiches aber anstrengendes Tagesprogramm.
„Die Teilnehmer sollen in und mit der Natur leben lernen“, umreißt Elvira Dobeneck, Klassenlehrerin und Camp-verantwortliche, die Intention des bereits zehnten Camps dieser Art. Dabei geht es bei den künftigen Sozialassistenten sehr spartanisch zu: Kein Strom, kein fließendes Wasser, keine Radios und Smartphones nur zu bestimmten Tageszeiten. Der Fokus der Auszubildenden im Alter zwischen 16 und 33 Jahren liegt ganz klar beim gemeinsamen Bewältigen der gestellten Aufgaben. Reitausflüge und der kräftezehrende Besuch im Kletterwald Bad Tabarz bringen so manchen Teilnehmer an den Rand seiner Kräfte.
„Viele stoßen hier an ihre physischen und psychischen Grenzen“, bestätigt Klassenlehrerin Sandra Leffler. Ziel des Camps ist es zu lernen, sich in ungewöhnlichen Situationen zurecht zu finden, Ideen zu entwickeln zu können. Eine Herausforderung ist dabei für die Teilnehmer, in schwierigen Momenten über den eigenen Schatten zu springen, sich den eigenen Ängsten stellen und der Gruppe vertrauen. „Es geht vor allem darum, das Selbstwertgefühl zu steigern und in der Gruppe Neues zu lernen. Dabei entdecken die Leute auch eigene Stärken entdecken und beweisen Teamgeist, um später in Sozialberufen – als Erzieher, Altenpfleger, Ergotherapeut, Krankenpfleger oder Heilerzieher – mit ihren hohen Anforderungen bestehen zu können“, erklärt Dobeneck. Eine Woche Konzentration auf praktische Übungen, bringe die Berufsschüler sichtbar weiter, weil sie dabei viel über sich selber lernen können. Die Schüler aus drei Sozialassistentenklassen sind in vier Gruppen aufgeteilt. Täglich ist eine andere Crew für die Versorgung zuständig, bereitet in der Küche mit den Lehrerinnen Marita Anders und Uta Karabin die Mahlzeiten vor. Eine andere Gruppe sammelt derweil Holz für das allabendliche Lagerfeuer
„Alleine die Vorbereitung dieser Praxiswoche verschlingt ein halbes Jahr Planung“, sagt die Camp-leiterin. Umso glücklicher ist man, dass auch die Teilnehmer schnell begreifen, dass auch ohne materiellen Luxus ein harmonisches Gruppenleben jederzeit möglich ist.