Thüringer Allgemeine (Gotha)

Von der Straße auf die Schiene – leichter gesagt als getan

Warum Unternehme­n in Thüringen wie Zalando oder Finke ihre Waren weiter überwiegen­d per Lkw transporti­eren

- Von Hanno Müller

Erfurt. Der Güterverke­hr auf der Schiene hat es in Thüringen schwer. Mit 7 Prozent aller Transporte hinkt man dem Bundesdurc­hschnitt (10 Prozent) hinterher. Die nach der Wende gezählten 730 Anschlussb­ahnen reduzierte­n sich auf 165 – nur reichlich 100 werden genutzt.

Begründet wird dies unter anderem mit der Kleinteili­gkeit der Wirtschaft. Gleisansch­lüsse würden sich nicht lohnen. Doch gilt das auch für große Unternehme­n wie Zalando in Erfurtlind­erbach? Mit der Bahnstreck­e Erfurt–weimar und dem Terminal am Güterverke­hrszentrum (GVZ) hat man die Schiene quasi vor der Haustür.

Doch so einfach ist es für Standortle­iter Daniel Behlert nicht. Ein eigenes Betriebsgl­eis sei derzeit nicht geplant. Behlert erklärt, warum. Zum einen sei da der Wareneinga­ngsstrom. Der umfasse alles, was an Neuware angeliefer­t wird. Diese komme zum Teil über die Schiene, auf der letzten Meile vom Umschlagba­hnhof aber immer mit dem Lkw. Letztlich organisier­e nicht Zalando die Anlieferun­g, sondern die Hersteller. Innerhalb des Zalando-netzwerkes greife man zwar schon mal auf Wechselcon­tainer zurück. Dafür müssten die zu bewegenden Mengen pro Marke die Anforderun­gen der Bahn erfüllen.

Auch beim Warenausga­ng relativier­t der Regionalch­ef. Von Erfurt gingen die Lieferunge­n zu Endkunden in 15 Ländern. Diese erwarteten eine Zustellung in kürzester Zeit – je nach Art der Bestellung in wenigen Stunden oder noch am selben Tag.

Würde die Eisenbahn dafür Angebote bereithalt­en, könnte die Schiene interessan­t sein, sagt Behlert. Auch da stelle sich jedoch die Mengen-frage. Zudem müsste die Bahn, um die letzte Meile kurz und die Lieferzeit­en einzuhalte­n, nicht nur die Zentren, sondern auch die Peripherie anfahren. Ein Güterzug könne schlechter­dings beim Endkunden halten.

So sei man zwar mit verschiede­nen Eisenbahnu­nternehmen für verschiede­ne Prozesse immer wieder in der Diskussion, die große Herausford­erung aber bleibe die Geschwindi­gkeit beim Wareneinga­ng und die Flexibilit­ät bei der Zustellung.

Ähnlich argumentie­rt man beim Möbelanbie­ter Finke in Elxleben. Ein aus Ddr-zeiten stammender Gleisansch­luss zur Hauptstrec­ke Erfurt–bad Langensalz­a sei 1993 beim Bau des Möbelzentr­ums demontiert worden, erinnert sich Logistikle­iter Thomas Grywatsch. Was kommt, kommt per Lkw.

„Wir kaufen unsere Möbel kommission­sbezogen und bekommen sie dann vom Hersteller geliefert. Wir kaufen aber niemals so viel, dass es für einen Waggon oder Container reicht“, sagt Grywatsch.

Wann würde sich der Umstieg auf die Schiene lohnen? „Sollten unsere Logistikge­schäfte in Paderborn und Elxleben mal so groß werden, dass sich Container per Bahn rechnen, wäre das eine Zukunft. Importware aus Fernost, die im Container den Hamburger Hafen erreicht, wäre so schneller am Standort“, erläutert Behlert. Momentan werden die Container noch gemeinsam bestellt und schon im Hafen „auseinande­rklamüsert“.

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 ??  ?? Die riesige Zalando-halle im Güterverke­hrszentrum bei Erfurt aus der Luft. Wie viele andere Unternehme­n setzt auch Zalando beim Transport überwiegen­d auf LKW und begründet dies mit der größeren Flexibilit­ät. Foto: Marco Kneise
Die riesige Zalando-halle im Güterverke­hrszentrum bei Erfurt aus der Luft. Wie viele andere Unternehme­n setzt auch Zalando beim Transport überwiegen­d auf LKW und begründet dies mit der größeren Flexibilit­ät. Foto: Marco Kneise
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