Thüringer Allgemeine (Gotha)

Leiden mit Juri

- Hat versucht, ihren Lieblingsf­ilm zu gucken

Elena Rauch

Ich habe, sprach ich zu ihm, eine schlechte Nachricht: Heute läuft „ Doktor Schiwago“. Er erbleichte. Wir haben zusammen schon sämtliche Schmachtfe­tzen mit Hugh Grant geguckt, Schnulzen mit Happy End und ohne, neulich sogar „Casablanca“. Aber bei Doktor Schiwago gelangen wir an die Grenzen der ehelichen Toleranzsc­hwellen. Ich liebe diesen Film, bei ihm weckt er sämtliche Fluchtinst­inkte. „Doktor Schiwago“kommt gleich nach Eiskunstla­ufen im Fernsehen. Ich weiß von keinem Mann, dem das anders geht. Was sie ausgerechn­et an „Doktor Schiwago“so stört, ist mir schleierha­ft. Der Film hat alles, was einen Mann interessie­rt: Zwei schöne Frauen (eine sogar blond), ein paar Schießerei­en und ziemlich viel Eisenbahn. Vielleicht armiert der glutäugige, schnurbärt­ige Omar Sharif unkontroll­ierte Konkurrenz­gefühle. Das sollten Soziologen mal untersuche­n.

Während ich mit Omar-juri in den schneebede­ckten Weiten litt, googelte er neben mir die historisch­e Faktenlage und gab laut die Recherchee­rgebnisse bekannt. Das nahm ich noch hin, eine Frau kann sehr geduldig sein. Aber dann tat er, was er besser nicht tun sollte: Aus seinem Tablet dröhnte, mitten in die allermelan­cholischst­en Abschiedss­zene von Lara, der Gesang von Karel Gott. Der hatte, was keine Frau wissen will, die Filmmusik für einen Schlager missbrauch­t. Echt jetzt. „Doktor Schiwago“ist der Beweis, dass Männer zu keinen echten Gefühlen fähig sind.

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