Thüringer Allgemeine (Gotha)

Die CSU sucht den rechten Weg

Nach Wahlnieder­lage und internem Machtkampf will sich die Partei neu aufstellen. In Seeon zeigt sich, wie schwer das ist

- Von Kerstin Münsterman­n

Seeon. Vitali Klitschko, der Bürgermeis­ter von Kiew, gibt die Botschaft des Tages aus: „Ohne Kampf gibt es keinen Sieg“, sagt er am frühen Freitagmor­gen vor der Kulisse des Klosters Seeon in Oberbayern. „Man muss kämpfen für seine Visionen.“Das sei in der Politik allerdings härter als im Sport, befindet der ehemalige Boxweltmei­ster. Klitschko ist am Freitag zu Gast bei der traditione­llen Winterklau­sur der Csu-landesgrup­pe.

In der CSU können beim Thema Kampf so einige mitreden. Die Partei hat gerade einen ihrer zermürbend­sten Machtkämpf­e ihrer an Konflikten nicht armen Geschichte hinter sich. Die bisherige Nummer eins, der CSUCHEF und bayerische Ministerpr­äsident Horst Seehofer, konnte sich nach der krachenden Niederlage der CSU bei der Bundestags­wahl nicht in beiden Positionen halten. Sein Widersache­r, der bayerische Finanzmini­ster Markus Söder, mobilisier­te seine Anhänger und zwang Seehofer zum Teilrückzu­g. Seehofer bleibt Parteichef, übergibt aber das Amt des bayerische­n Ministerpr­äsidenten irgendwann im Frühjahr an Söder. Das genaue Datum dieser Übergabe steht jedoch noch nicht fest. Seehofer will sich nicht festlegen. Söder muss warten. Ein letzter kleiner Triumph des Älteren.

Es sind schon sonderbare Tage in Seeon: Die Partei, die sich unbedingt geschlosse­n präsentier­en will, ist zweigeteil­t. In eine CSU, die in Berlin ernst genommen werden will und in die Bundesregi­erung strebt. Und in eine Regionalpa­rtei, die eine harte Landtagswa­hl im Herbst bestreiten muss. Die Neuaufteil­ung der Macht zwischen Söder und Seehofer ist Ausdruck dieser Trennung.

Auf der einen Seite der in Machtspiel­en erfahrene Seehofer, der in Berlin sein politische­s Gewicht in die Waagschale wirft, um eine Regierung mit der SPD auszuhande­ln. Er wirbt in Seeon für das Gelingen der großen Koalition, entwirft Ideen einer sozialpoli­tischen Wende, die man mit der SPD umsetzen könnte. Als ausgemacht gilt, dass er ins Berliner Kabinett wechseln will. Zur Person Söder schweigt Seehofer überwiegen­d, was schon ein Erfolg ist. Noch hält der Burgfriede­n der beiden.

Auf der anderen Seite Söder, der das Amt des Ministerpr­äsidenten übernehmen und dann als Spitzenkan­didat in den Landtagswa­hlkampf ziehen soll. Söder ist zu der Klausur der Csu-bundestags­abgeordnet­en gar nicht erst angereist. Er plant seinen großen Aufschlag zwei Wochen später im Kloster Banz vor den Csu-landtagsab­geordneten. Viktor Orbán, ungarische­r Ministerpr­äsident

Die positive Nachricht der Machtteilu­ng ist für jüngere Landtagsab­geordnete der Generation­swechsel, der nun stattgefun­den hat. „Es zeigt, dass es sich lohnt, beharrlich zu bleiben“, sagt einer, der noch viel vor hat in der CSU.

Außerdem hat die CSU einen gefunden, der die Abteilung Attacke nun erst mal alleine fährt. Csu-landesgrup­penchef Alexander Dobrindt hat der Partei einen Rechtskurs verordnet. In einem Gastbeitra­g für die „Welt“fordert er eine bürgerlich-konservati­ve Wende. „Wir brauchen den Aufbruch in eine neue, konservati­ve Bürgerlich­keit, die unser Land zusammenfü­hrt, unsere Wertegemei­nschaft stärkt und unsere Freiheit verteidigt“, schreibt er. Die Mehrheit der Menschen lebe und denke bürgerlich. „Es gibt keine linke Republik und keine linke Mehrheit in Deutschlan­d.“Der 47Jährige sieht den Grund für diesen von ihm beschriebe­nen Widerspruc­h in der 68er-bewegung, deren Ideen als „geistige Verlängeru­ng des Sozialismu­s“bis heute Wirkung hätten. Es sind harte Worte. Auch in der Flüchtling­spolitik setzt die CSU weiter auf Härte: Die Obergrenze sowie eine weitere Aussetzung des Familienna­chzugs für Flüchtling­e mit eingeschrä­nktem Schutzstat­us soll es geben.

Die Einladung an den Hauptgast in Seeon ist nicht unumstritt­en und weist in die rechts-konservati­ve Richtung. Ungarns Ministerpr­äsident Viktor Orbán ist einer der schärfsten Kritiker der Flüchtling­spolitik von Angela Merkel (CDU). Ungarn lehnt Quoten innerhalb der EU bei der Flüchtling­sverteilun­g strikt ab. Darüber hinaus werfen ihm Kritiker vor, Demokratie und Rechtsstaa­tlichkeit systematis­ch abzubauen.

Doch das hielt den Landesgrup­penchef nicht davon ab, „Freund Viktor“nach Seeon zu laden. Dobrindt sagt nach dem Besuch, man habe einen „intensiven Austausch“gehabt. Teilnehmer berichten, es habe von den Bundestags­abgeordnet­en kritische Fragen an den Ungarn gegeben, alles in allem sei man von dem Auftritt angetan gewesen. Und Orbán bedankt sich auf seine Art: „Betrachten Sie mich nach wie vor als ihren Grenzschut­zkapitän“, ruft er der CSU zu. Der Wille der europäisch­en Völker sei es, ohne Terrorgefa­hr zu leben und zu wissen, dass die Grenzen geschützt seien. Diesen Bitten komme er nach. 2018 sei das Jahr, in welchem der Volkswille wiederherg­estellt werde, erklärt er. Wie er das genau meint, das kann in Seeon nicht geklärt werden. Fragen der Journalist­en lässt der enge Freund Bayerns nicht zu.

„Betrachten Sie mich nach wie vor als ihren Grenzschut­zkapitän.“

 ??  ?? Umstritten­er Gast in Kloster Seeon: Die Csu-spitzen Manfred Weber (l.), Horst Seehofer und Alexander Dobrindt (r.) begrüßen Ungarns Regierungs­chef Viktor Orbán (. v. r.) Foto: Michaela Rehle/reuters
Umstritten­er Gast in Kloster Seeon: Die Csu-spitzen Manfred Weber (l.), Horst Seehofer und Alexander Dobrindt (r.) begrüßen Ungarns Regierungs­chef Viktor Orbán (. v. r.) Foto: Michaela Rehle/reuters

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