Mehr Druck
Elena Rauch
Wie immer?“lächelt die Friseurin. „Wie immer“, antworte ich demütig. Dabei will ich nie wie immer. Ich will nicht bleiben wie ich bin. Aber für eine Frau in den sogenannten mittleren Jahren ist jedes Experiment auf dem Kopf ein Risiko mit unklarem Ausgang. Man weiß nie, ob man hinterher als gebrochene Persönlichkeit in den Spiegel schaut. Gelegentlich kann man die Folgen im Straßenbild beobachten: Wild gescheckte Damenköpfe, die im Regenwald gute Tarnung abgeben würden. Dabei wollten die Trägerinnen nur ein paar Strähnchen. Psychologen sprechen in solchen Fällen von Selbstbild-fremdbild-inkongruenz. Für eine Frau im Ringen um Selbstoptimierung kann der Gang zum Friseur russischem Roulette gleichen. Männer haben es gut. Sie werfen sich – ohne Voranmeldung! – auf den Friseurstuhl und rufen fröhlich: Drei Millimeter!
Mit dieser Unbekümmertheit könnte bald Schluss sein.
Die deutsche Hochdruckliga empfiehlt, den Friseurbesuch mit dem Messen des Blutdrucks zu verbinden. Weil Männer bekanntlich Vorsorgemuffel sind, könne die „entspannte Atmosphäre“im Salon gleich zu einem medizinischen Check genutzt werden. Vorbild sind die USA, wo erste Feldversuche bereits Erfolge zeigen. Manchmal hilft nur Druck.
Sollen Männer mal sehen wie das ist, wenn der Friseursessel einem heißen Stuhl gleicht. Früher haben Barbiere übrigens auch Zähne gezogen.