Rücktritte erschüttern das Gremium
Literaturnobelpreis-jury steckt in der Krise
Stockholm. Die Schwedische Akademie, die den Literaturnobelpreis vergibt, erlebt ihre derzeit schwerste Krise. Wegen eines Skandals um sexuelle Übergriffe und Korruption ist die Ständige Sekretärin, Sara Danius, zurückgetreten. Wie die Akademie am Freitag in Stockholm bestätigte, zog sich Danius am Vorabend mit sofortiger Wirkung aus dem Amt zurück. Auch die schwedische Lyrikerin Katarina Frostenson, deren Mann im Zentrum der Vorwürfe steht, trat zurück.
Das 18-köpfige Auswahlgremium, das sich im Streit über den Skandal gespalten hatte, ist damit den Statuten zufolge nicht mehr beschlussfähig. Zurzeit sind nur noch elf der auf Lebenszeit gewählten Mitglieder aktiv. Die Akademie, die die schwedische Sprache und Literatur fördern soll, besteht seit 1786.
Die schwedische Literaturprofessorin Danius gehört der Akademie seit 2014 an und übernahm 2015 den Vorsitz. Sie legte am Donnerstagabend mit dem Vorsitz zugleich auch ihren Sitz in dem Gremium nieder. Formell bleibt sie weiterhin Mitglied, da die Satzung keine Rücktritte vorsieht. Die 56-Jährige war wegen ihres Umgangs mit dem Skandal in den vergangenen Wochen heftig teils kritisiert worden.
Dabei waren Vorwürfe laut geworden, der Ehemann von Frostenson, der Kulturmanager Jean-claude Arnault, habe vorab Namen von Literaturnobelpreisträgern bekannt gegeben. Auch geht es um eine Unterstützung der Akademie für das „Kulturforum“, das das Paar in Stockholm betrieb. Es wurde 2017 geschlossen, nachdem Arnault der sexuellen Belästigung beschuldigt worden war. Er soll 18 weibliche Akademiemitglieder, Frauen und Töchter von Mitgliedern sowie Mitarbeiterinnen belästigt oder missbraucht haben. Bei einer Abstimmung über den Ausschluss von Frostenson aus der Akademie stimmten Medienberichten zufolge lediglich sechs Mitglieder dafür, darunter Danius; acht sprachen sich dagegen aus. Drei Mitglieder legten daraufhin bereits Ende vergangener Woche aus Protest ihre Jurorenämter nieder. Nun zog auch Danius die Konsequenzen aus ihrer Abstimmungsniederlage. (epd)