Chris Dercon wirft das Handtuch
Der umstrittene Berliner Volksbühnen-intendant konnte weder liefern noch überzeugen
Berlin. Alles auf Anfang. Nur sieben Monate nach Start seiner ersten Spielzeit an der Berliner Volksbühne schmeißt der viel geschmähte Intendant Chris Dercon (59) hin. Von heftigster, unsachlicher verbaler Kritik über Fäkalien vor der Bürotür bis zur Theaterbesetzung – dem smarten belgischen Kulturmanager und Kunstexperten wurde der Beginn an der Traditionsbühne von Teilen der Kulturszene so schwer wie möglich gemacht. Als der Nachfolger von Frank Castorf dann künstlerisch – wie von vielen Kritikern befürchtet – nicht „liefern“und überzeugen konnte, nahm das absehbare Drama seinen Lauf.
Kultursenator Klaus Lederer (Linke) und Dercon hätten sich einvernehmlich darauf verständigt, die Intendanz mit sofortiger Wirkung zu beenden, teilte die Berliner Kulturverwaltung am Freitag mit. „Beide Parteien sind übereingekommen, dass das Konzept von Chris Dercon nicht wie erhofft aufgegangen ist und die Volksbühne umgehend einen Neuanfang braucht“, heißt es in der Erklärung.
Theatermacher Claus Peymann (80), einer der schärfsten Kritiker der Personalie Dercon, machte die Politik verantwortlich für das Scheitern des Belgiers. „Die erwartete Katastrophe ist also eingetreten“, so der Exintendant des Berliner Ensembles. „Vor zwei Jahren habe ich davor gewarnt, dass die Schauspielkunst und das Ensemble an der Volksbühne gekillt werden und stattdessen eine weitere „Eventbude“in Berlin etabliert wird.“
Verantwortlich sei allerdings nicht „der gänzlich überforderte, nette Herr Dercon“, sondern die Politik. Peymann nannte hier den damaligen Regierenden Bürgermeister und Kultursenator Klaus Wowereit sowie dessen Nachfolger Michael Müller (beide SPD). Peymann weiter: „Die Zerstörung der Volksbühne ist im kulturellen Bereich das gleiche Fiasko wie die nicht endenwollende Tragikomödie mit dem BER. Warum eigentlich knöpft man sich nicht diese beiden Herren vor und lässt sie für die Schulden aufkommen, die in der zahlungsunfähigen Volksbühne jetzt entstanden sind?“Dercons künstlerisches Konzept scheiterte. Er setzte auf eine radikale Internationalisierung und eine Verschränkung der Kunstformen. (dpa)