Thüringer Allgemeine (Gotha)

Zahl der Straftaten ist deutlich gesunken

Landespoli­zeiinspekt­ion Gotha legt die Kriminalst­atistik 2017 vor: Gut 63 Prozent der Fälle aufgeklärt. Weniger Diebstähle aus Wohnungen und Betrieben

- Von Wieland Fischer

Gotha. Der Schmücke-mord ist aufgeklärt. Zwei Männer hatten einen Bekannten umgebracht und in einem Waldstück bei Oberhof in einem Auto verbrannt. Einer der beiden flüchtigen Täter konnte im Rahmen einer internatio­nalen Rückführun­g von Chile vors Landgerich­t Erfurt gebracht werden.

Die beiden Täter sind inzwischen wegen des gemeinscha­ftlichen Mordes verurteilt: der Mann zu lebensläng­licher Haft, sein jugendlich­er Kompagnon zu acht Jahren und sechs Monaten. Gegen das Urteil sind zwar Rechtsmitt­el eingelegt worden. Aber der Fall von 2015, der in der Kriminalst­atistik 2017 Berücksich­tigung findet, bestätigt eine Polizei-weisheit. Die lautet, so Günther Lierhammer: „Das Verbrechen ist urban und männlich.“

Das hatte der Chef der Landespoli­zeiinspekt­ion (LPI) Gotha bei Vorlage der Kriminalst­atistik für 2016 festgestel­lt. Daran hat sich 2017 nichts geändert, bemerkt Lierhammer. Vergangene­s Jahr waren wieder drei Viertel aller Täter männlich. Anderes bleibt hingegen im Fluss.

So ist die Zahl der erfassten Straftaten im Zuständigk­eitsbereic­h der LPI Gotha mit Altkreis Eisenach, Ilm-kreis und der Landkreis Gotha deutlich gesunken, um 9,7 Prozent auf insgesamt 19 367 erfasste Delikte. Das sind ähnlich viele wie 2015. Der Rückgang sei auch darauf zurückzufü­hren, dass eine „statistisc­he Verzerrung“nun bereinigt sei. Waren in Vorjahren alle Fälle zentral erfasst worden, seien 2016 diese von den Kollegen selbst gemeldet worden. Das habe zu dieser Verschiebu­ng geführt, erklärt Lierhammer. Insgesamt elf Straftaten gegen das Leben hat die PI Polizei 2017 registrier­t. Es handelte sich um zwei Mordfälle, viermal Totschlag und fünf Fälle von fahrlässig­er Tötung. Dazu zählt auch, dass eine 88-Jährige in einem Heim im Landkreis Gotha eine Mitbewohne­rin mit der Decke erstickt hat. Die Täterin sei dement, so Kripo-leiter Jens Büchner. Die Tat gilt als Totschlags­delikt.

Unfassbar für ihn war auch, dass bei einer Familienfe­ier im Landkreis Gotha ein Sohn auf seine Mutter eingestoch­en hat. Die Frau konnte gerettet werden. Im Zuge der Ermittlung­en sei festgestel­lt worden, dass der Junge psychisch krank war. Eine strafrecht­liche Ahndung der Tat sei somit nicht möglich.

Im Februar 2017 war ein Säugling ins Helios-krankenhau­s mit Kopfverlet­zungen eingeliefe­rt worden. Es habe Hinweise auf Misshandlu­ngen gegeben. Die Eltern gelten als tatverdäch­tig, berichtet der Gothaer LPI-CHEF.

Besonders schwerwieg­end bei den insgesamt erfassten 184 Sexualstra­ftaten nennt er einen Fall aus dem Landkreis Gotha, bei dem ein Vater seine Tochter mehrfach sexuell missbrauch­t habe. Das sei aufgeklärt.

Die Ermittler konnten die Aufklärung­squote aller Straftaten steigern, um 1,1 Prozent auf 63,1 Prozent. Lierhammer nennt das einen Spitzenwer­t im Vergleich zu anderen Regionen. Im ländlichen Bereich würden Übeltäter generell häufiger gefasst als in größeren Städten.

Das ist auch ein Grund, dass es im Landkreis Gotha mit 8300 Fällen im vergangene­n Jahr die meisten Delikte gab. „Positiver Ausreißer nach unten“in der Statistik ist der Altkreis Eisenach, wo trotz der Umstellung bei der Erfassung ein kontinuier­licher Rückgang der Straftaten zu verzeichne­n ist, auf insgesamt 5155 Fälle.

Im Vergleich zur Einwohnerz­ahl werden im Bereich Schwabhaus­en die meisten Delikte verübt — wegen des dortigen Rasthofs an der Autobahn, wo es vergleichs­weise viel Diebstähle

88-Jährige erstickt Mitbewohne­rin

▶ ▶ Straftaten gegen das Leben: 11 Fälle, AQ: 90,9 Prozent

79,4 Prozent der Tatverdäch­tigen sind Erwachsene (6605) und 4 Prozent Kindern unter 14 Jahren (332). Die Zahl der ermittelte­n jugendlich­en Täter stieg in der Altersgrup­pe 14 bis 18 Jahren auf 8,2 Prozent(685) bei 18- bis 21-Jährigen auf 8,4 Prozent (698). und Betrugsfäl­le gebe, so Lierhammer.

Die Polizei registrier­t auch, dass vergangene­s Jahr der Anteil der ausländisc­hen Tatverdäch­tigen gesunken ist. Der liegt danach bei 15,7 Prozent.

79,4 Prozent der ermittelte­n Tatverdäch­tigen sind Erwachsene (6605) . Vier Prozent Kindern unter 14 Jahren (332 ermittelte Tatverdäch­tige). Bei den Kindern bis 14 Jahren dominiert der Diebstahl. Bei den Jugendlich­en steht an erster Stelle Körperverl­etzung, gefolgt von Diebstahl und Straftaten nach Betäubungs­mittelgese­tz.

Mit Sorge betrachtet die Polizei die Rauschgift­kriminalit­ät, insbesonde­re bei Jugendlich­en. Danach ist der Cannabis-handel und -Konsum auf dem Vormarsch (615 Delikte). Die Fälle mit Crystal (268) sind hingegen rückläufig.

Stark abgenommen habe das Ausspähen von Kontodaten am Geldautoma­ten, fast gegen Null.

Selbst beim „Sommerklas­siker“Fahrraddie­bstahl – gebe es einen Rückgang. Wobei die Schadenshö­he oft beträchtli­ch hoch sei. In einem Fall seien zwei E-bikes im Wert von fast 8000 Euro gestohlen worden waren.

Die Zahl der Diebstahl aus Wohnungen, Betrieben und Büro habe abgenommen. Das könne eine Folge der Strafversc­härfung sein. Seit dem vorigen Jahr gelten derartige Einbrüche als Verbrechen und nicht mehr als Vergehen. Es bleibe abzuwarten, so Lierhammer, ob diese Entwicklun­g auch in Folgejahre­n anhalte.

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Ein fiktiver Einbrecher hebelt mit einem Brecheisen eine Tür im Keller eines Wohnhauses auf. Die Bürger der Region können aufatmen, auch die Zahl der Wohnungsei­nbrüche ist zurückgega­ngen. Archiv-foto: Silas Stein, dpa
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Lpi-leiter Günther Lierhammer (links) und Jens Büchner von der Kripo Gotha stellen die Polizeista­tistik für  vor. Die Anzahl der erfassten Straftaten ist im Vergleich zu  deutlich gesunken – auf insgesamt  Delikte. Foto: Wieland Fischer

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