Leipzig fehlt international erneut Nervenstärke
RB geht in Marseille 2:5 unter und scheidet in der Europa League aus. Auf Trainer Hasenhüttl kommen Fragen nach Aufstellung und Taktik zu
Marseille. „Das darf dich nicht beeinflussen. Das ist Fußball!“, sagte Emil Forsberg, der gut Reden hatte nach diesem Abend im Stade Velodrome. Jedenfalls wurde RB Leipzig von Olympique Marseille derart zerlegt, dass die Frage nach den Gründen für das 2:5 (1:3), dann eben doch auch das Thema berührte, das Forsberg als Grund für das Viertelfinal-aus in der Europa League eigentlich nicht gelten lassen wollte. Wie man nämlich in der Hölle Fußball spielt.
Die Sachsen, angereist mit einem 1:0-Vorsprung waren Donnerstagabend nicht nur auf einen Gegner getroffen, der sie 94 Minuten lang auseinandernahm, sondern sie hatten auch in einem Stadion spielen müssen, das zu ihrem Leidwesen ausverkauft war mit 65 000 bis in die Haarspitzen erregten Fans, die sangen, pfiffen, Böller zündeten, Rauch entfachten und eine derart infernalische Kulisse bildeten, dass unwillkürlich Erinnerungen an das erste Champions-league-auswärtsspiel der Sachsen bei Besiktas Istanbul wach wurden. Auch diese Partie hatte das Stadion mitentschieden, RB verlor 0:2.
Damals hatte Forsberg 90 Minuten auf dem Platz gestanden. Dieses Mal saß er bis zur 54. Minute auf der Bank. Genug Zeit also, sich an die intensive Atmosphäre zu gewöhnen. Trainer Ralph Hasenhüttl hatte ihn aus taktischen Gründen ebenso aus der Startelf genommen wie Kapitän Willi Orban und den angeschlagenen Timo Werner.
Ob die drei was hätten ändern können am Verlauf der Partie, wird den Trainer in den nächsten Tagen als Frage begleiten. Denn eines steuert der 26 Jahre alte Forsberg normalerweise dem jungen Kader bei: Reife und Lässigkeit.
Beides fehlte Leipzig auf dem Platz, nicht anders jedenfalls ließe sich erklären, wieso der Bundesligist zweimal beinahe im Halbfinale stand und jeweils wieder rausflog. Bruma nämlich hatte die Gäste früh in Führung gebracht (2.). Marseille aber drehte den Rückstand. Erst glich Stefan Ilsanker mit einem Eigentor aus (6.), Bouna Sarr erhöhte kurze Zeit später (9.), Florian Thauvin gelang das 3:1 (39.).
Doch wieder traf Leipzig, dieses Mal Jean-kevin Augustin (56.), und wieder schlug Marseille zurück: erst Dimitri Payet (60.), dann Hiroki Sakai in der Nachspielzeit.
„Wir haben das Spiel ohne Not aus den Händen gegeben“, sagte Hasenhüttl und landete bei der Suche nach den Ursachen für „das bittere Aus“da, wo Forsberg nicht hinwollte: bei den flattrigen Nerven seiner Spieler.
„Dass wir uns so von der Kulisse haben anstecken lassen, verstehe ich nicht ganz. Ich dachte, meine Mannschaft wäre schon weiter“, wunderte sich der Österreicher. „Aber wer so viele Fehler macht wie wir heute, der hat es nicht verdient, eine Runde weiter zu sein.“