Musikshow Echo eine „Schande“
Der Preis für die Hip-hopper Kollegah und Farid Bang mit ihren antisemitischen Zeilen sorgt für große Empörung
Berlin. Davon haben die Veranstalter jahrelang geträumt: dass die Verleihung der Echos, bei der sich die Musikindustrie in ermüdender Regelmäßigkeit selbst feiert, am kommenden Tag in aller Munde sein würde. Am gestrigen Freitag war es so weit. Nicht allerdings wegen einmaliger Showeinlagen bei der Gala in Berlin am Donnerstagabend, bei der Stars wie Kylie Minogue oder Helene Fischer dabei waren, sondern weil der wichtigste Musikpreis Deutschlands für ein Album mit antisemitischem Text verliehen wurde. Die Entscheidung sorgte bei Künstlern und Verbänden für empörte Reaktionen.
Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, sprach etwa von einem „Skandal“. Auslöser ist die Vergabe eines Echos in der Kategorie „Hip-hop/urban National“an die Rapper Kollegah und Farid Bang für ihr Album „Jung brutal gutaussehend 3“. Im Songtitel „0815“findet sich die Zeile: „Mein Körper definierter als von Auschwitz-insassen.“An anderer Stelle heißt es auf dem Album: „Mache wieder mal nen Holocaust, komm an mit dem Molotow.“Die Nominierung des Duos hatte bereits im Vorfeld der Echos für scharfe Kritik gesorgt. Wie konnte es überhaupt dazu kommen, dass die Platte in die engere Wahl kam? Es liegt am Auswahlprozess. Die Echos werden vom Bundesverband Musikindustrie (BVMI) in 22 Kategorien verliehen. Die jeweils fünf erfolgreichsten Interpreten kommen in die Auswahl. Dies erfolgt nicht nach künstlerischen Maßstäben – weshalb die meisten deutschen Sänger, Musiker, Songschreiber und kleinen Plattenfirmen dem Echo seit Langem nur mit Spott und Verachtung begegnen. Allein die Verkäufe zählen.
Um etwas gegen den zunehmenden Ansehensverlust zu unternehmen, riefen die Veranstalter Fachjurys ins Leben. 550 Juroren gab es 2018. Jeder wählt in seiner Kategorie aus den Nominierten seinen Favoriten. In der Hip-hop-jury sitzen Rapper, etwa Fettes Brot und Peter Fox, sowie Vertreter von Musikindustrie und Medien. Am Ende wird alles addiert, wobei die Verkäufe erhebliches Gewicht behalten, und ein Gewinner ermittelt. Toten-hosen-sänger Campino hatte schon während der Verleihung kritisiert: Für ihn sei nun eine Grenze überschritten. Nach der Kritik sagte Kollegah: „Ich will hier keine Politikdebatte daraus machen.“Später bezeichnete er Campinos Kritik als „stillos“und warf diesem vor, sich als moralische Instanz aufgespielt zu haben. Mousse T., Musiker
Harsche Kritik an den Rappern kam von Zentralrat-präsident Schuster: Die Entscheidung, den Echo an die Rapper zu verleihen, sei eine „Schande“: Rapper, die für Millionen von Jugendlichen ein Idol sind und diese wiederum mit antisemitischen und menschenverachtenden Musiktexten beeinflussen, dürfen keine Akzeptanz der Gesellschaft erfahren und erst recht keine Preise hierfür gewinnen.“
Musikproduzent Mousse T. („Sex Bomb“) sagte, mit dem Wissen um antisemitische Übergriffe sei der Preis „kein gutes Zeichen“. Der neue Antisemitismus-beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, beklagte in der „Bild“: „Solche Zeilen verletzen nicht nur Holocaustüberlebende, sondern auch ihre Familien.“
Verkäufe bleiben entscheidend
„Der Preis setzt kein gutes Zeichen.“