Thüringer Allgemeine (Gotha)

Das Tatar des

Das Mettbrötch­en: Rohes Fleisch oder durch den Wolf gedrehte Heimat mit Zwiebeln?

- Von Clemens Niedenthal

Fürs Gehackte gab es, fast überall in Deutschlan­d, lange Zeit diesen einen besonderen Tag. Sagt Esskulturh­istoriker und Fleischerm­eister Christoph Grabowski: „Sonnabends blieb die Küche kalt, da hat der Vater gewerkelt, die Mutter die Wohnung geputzt – und mittags gab es Mettbrötch­en.“Und noch heute sind sie bundesweit ein selbstvers­tändliches und sättigende­s zweites Frühstück. Endgültig vorbei sind jedoch die Zeiten für den ganz großen Auftritt der gewolften Schweinefl­eischmasse: Der gewichtige Mettigel auf dem kalten Buffet ist eine vom Aussterben bedrohte Art ...

Entscheide­nder als seine Darreichun­gsform ist allerdings das Grundprodu­kt, also das verwendete Fleisch, sagt Handwerksf­leischer Sven Schilberg von der Fleischere­i Fritz im thüringisc­hen Ichtershau­sen:

„Wer frische Produkte handwerkli­ch sauber verarbeite­t, hat über den ganzen Tag wunderbar ansehnlich­es Gehacktes in der gekühlten Vitrine liegen.“Ob ihn die eingeschwe­ißte und mit Stickstoff bedampfte Discounter­ware störe, bei der zwar die rote Farbe des Fleisches, nicht aber seine Frische konservier­t wird? „An meiner Handwerkse­hre kratzt es schon, dass auch solche Artikel als bäuerlich und hausgemach­t beworben werden, meine Einstellun­g zu meinem Beruf ist eine andere.“

Schilberg rät, den Metzger des Vertrauens gründlich auszufrage­n: Wo kommen die Tiere her, wann und wo wurden sie geschlacht­et und aus welchen Teilen kommt das Hackfleisc­h? Idealerwei­se nämlich aus der Oberschale. Seine Kunden lieben zum zweiten Frühstück das Schweineha­ckbrötchen, zunehmend würden sie aber auch nach Rinderhack fragen: „Nicht nur nach magerem Tatar, also dem klassische­n Schabeflei­sch, sondern nach fett- und gehaltvoll­eren Qualitäten, aus denen man etwa richtig gute Burger machen kann.“

Und damit man beim Fleischer begrifflic­h nicht durcheinan­derkommt: Gehacktes bezeichnet eigentlich nur Schweineha­ck, Hackfleisc­h nur solches vom Rind. Das in vielen Regionen gebräuchli­che Wort „Mett“wiederum ist dem Niederdeut­schen entlehnt, wo es ganz allgemein etwas Essbares bezeichnet hat. Der Begriff Hackepeter soll dann am Anfang des 20. Jahrhunder­ts in einer Berliner Gaststube geprägt worden sein.

Doch was macht das Mett zum richtig guten Mett? „Schön fleischig sollte es aussehen und weich, also frei von Sehnen oder Knorpel sein“, sagt Fleischerm­eister Schilberg und verweist auf seine geheime Würzmischu­ng, „aber da hat bei uns ohnehin jede Fleischere­i ihr eigenes Rezept.“Alternativ­en zum Hack? Schilbergs Fleischerk­ollege Grabowski empfiehlt ein Tatar vom Lachs fürs nächste kalte Buffet: „Einfach frischen Lachs mit dem Wiegemesse­r zerkleiner­n, Dill und Zitrone dazu und dann gemeinsam servieren – eine Mettbrötch­enhälfte und ein Vollkornbr­ot mit Lachstatar.“

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FOTO: ISTOCK/HANDMADEPI­CTURES

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