Thüringer Allgemeine (Gotha)

In Thüringen fehlen Bademeiste­r und Rettungssc­hwimmer

Im vergangene­n Jahr sind im Freistaat 13 Menschen ertrunken. Jeder zweite Grundschül­er ist kein sicherer Schwimmer

- Von Peter Rathay

Erfurt. Kurz vor Beginn der Badesaison schlägt die Deutsche Lebens-rettungs-gesellscha­ft (DLRG) Alarm: In Thüringen fehlen Schwimmmei­ster und Rettungssc­hwimmer. „Händeringe­nd wird Personal gesucht – besonders dramatisch sind die Engpässe im ländlichen Raum“, erklärt Dlrg-landespräs­ident Harry Sloksnat.

Zwar habe der Verband allein rund 1000 Rettungssc­hwimmer, die jährlich aus- und fortgebild­et würden, doch ein Teil von ihnen wird in der Hauptsaiso­n an den Stränden von Nord- und Ostsee arbeiten. „Hinzu kommt, dass auch die umliegende­n Bundesländ­er immer mehr Personal abwerben – beispielsw­eise das Seenland in Sachsen.“

Rund 25 000 Einsatzstu­nden leisten allein die Rettungssc­hwimmer in Thüringen pro Jahr. Der Verdienst liegt je nach Bäderbetri­eb zwischen vier und zehn Euro, die Arbeit ist ehrenamtli­ch – und die Arbeitszei­ten sind sehr unregelmäß­ig. „Gerade im Hochsommer, wenn andere frei haben, müssen jede Menge Überstunde­n geschrubbt werden“, so Sloksnat weiter. Die Aufgaben eines Rettungssc­hwimmers reichen von der Wasseraufs­icht und Erster Hilfe bei Wespenstic­hen bis hin zur Rettung bei Herzstills­tand.

Die Ausbildung zum Rettungssc­hwimmer geht insgesamt über 16 Unterricht­seinheiten, Theorie und Praxis. Die Anwärter müssen sehr gut schwimmen und tauchen können und über eine entspreche­nde Fitness verfügen. „Das Problem ist, dass es fast überall im Land an Zeiten in Trainingss­tätten und manchmal auch an Trainern fehlt“, sagt Sloksnat.

Auch können die Rettungssc­hwimmer keine Fachkräfte ersetzen: „Für Bereiche wie Hygiene und Technik braucht es nach wie vor das Fachperson­al“, erklärt Christian Kaufmann, der Vorsitzend­e des Landesverb­andes deutscher Schwimmmei­ster. Derzeit würden jedoch allein in den Bädern in Thüringen rund 250 Schwimmmei­ster fehlen, schätzt Kaufmann. Deutschlan­dweit klaffe eine Lücke von 3000 offenen Stellen. „Viele Einrichtun­gen haben in den vergangene­n Jahren aus Kostengrün­den die Ausbildung vernachläs­sigt“, kritisiert der 33-jährige Kaufmann. Und während die einen nach dem Tarifvertr­ag für den öffentlich­en Dienst bezahlt werden, finanziere­n viele Vereine den verantwort­ungsvollen Posten über die Eintrittsg­elder. „In diesen Fällen wird sehr viel weniger gezahlt – dementspre­chend schwierig ist es, Personal zu bekommen.“

Das alles hat Folgen. Immer mehr Einrichtun­gen öffnen nur noch für ein paar Stunden am Tag oder bleiben gleich ganz geschlosse­n. „Pro Jahr bekommen wir etwa zehn bis zwölf Anfragen, ob wir mit Rettungssc­hwimmern aushelfen können“, erklärt DLRG-MANN Sloksnat.

2017 ertranken in Thüringen 13 Menschen, im Jahr davor waren es sieben. Laut Bundesdlrg ist mittlerwei­le jeder zweite Grundschül­er kein sicherer Schwimmer. „Der Lehrplan sieht Schwimmunt­erricht in der 3. oder 4. Klasse vor, das ist zu spät“, kritisiert Sloksnat. Aktuell käme noch ein weiteres Thema hinzu: Viele Flüchtling­e können schlecht beziehungs­weise gar nicht schwimmen oder überschätz­en sich.a

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