In Thüringen fehlen Bademeister und Rettungsschwimmer
Im vergangenen Jahr sind im Freistaat 13 Menschen ertrunken. Jeder zweite Grundschüler ist kein sicherer Schwimmer
Erfurt. Kurz vor Beginn der Badesaison schlägt die Deutsche Lebens-rettungs-gesellschaft (DLRG) Alarm: In Thüringen fehlen Schwimmmeister und Rettungsschwimmer. „Händeringend wird Personal gesucht – besonders dramatisch sind die Engpässe im ländlichen Raum“, erklärt Dlrg-landespräsident Harry Sloksnat.
Zwar habe der Verband allein rund 1000 Rettungsschwimmer, die jährlich aus- und fortgebildet würden, doch ein Teil von ihnen wird in der Hauptsaison an den Stränden von Nord- und Ostsee arbeiten. „Hinzu kommt, dass auch die umliegenden Bundesländer immer mehr Personal abwerben – beispielsweise das Seenland in Sachsen.“
Rund 25 000 Einsatzstunden leisten allein die Rettungsschwimmer in Thüringen pro Jahr. Der Verdienst liegt je nach Bäderbetrieb zwischen vier und zehn Euro, die Arbeit ist ehrenamtlich – und die Arbeitszeiten sind sehr unregelmäßig. „Gerade im Hochsommer, wenn andere frei haben, müssen jede Menge Überstunden geschrubbt werden“, so Sloksnat weiter. Die Aufgaben eines Rettungsschwimmers reichen von der Wasseraufsicht und Erster Hilfe bei Wespenstichen bis hin zur Rettung bei Herzstillstand.
Die Ausbildung zum Rettungsschwimmer geht insgesamt über 16 Unterrichtseinheiten, Theorie und Praxis. Die Anwärter müssen sehr gut schwimmen und tauchen können und über eine entsprechende Fitness verfügen. „Das Problem ist, dass es fast überall im Land an Zeiten in Trainingsstätten und manchmal auch an Trainern fehlt“, sagt Sloksnat.
Auch können die Rettungsschwimmer keine Fachkräfte ersetzen: „Für Bereiche wie Hygiene und Technik braucht es nach wie vor das Fachpersonal“, erklärt Christian Kaufmann, der Vorsitzende des Landesverbandes deutscher Schwimmmeister. Derzeit würden jedoch allein in den Bädern in Thüringen rund 250 Schwimmmeister fehlen, schätzt Kaufmann. Deutschlandweit klaffe eine Lücke von 3000 offenen Stellen. „Viele Einrichtungen haben in den vergangenen Jahren aus Kostengründen die Ausbildung vernachlässigt“, kritisiert der 33-jährige Kaufmann. Und während die einen nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst bezahlt werden, finanzieren viele Vereine den verantwortungsvollen Posten über die Eintrittsgelder. „In diesen Fällen wird sehr viel weniger gezahlt – dementsprechend schwierig ist es, Personal zu bekommen.“
Das alles hat Folgen. Immer mehr Einrichtungen öffnen nur noch für ein paar Stunden am Tag oder bleiben gleich ganz geschlossen. „Pro Jahr bekommen wir etwa zehn bis zwölf Anfragen, ob wir mit Rettungsschwimmern aushelfen können“, erklärt DLRG-MANN Sloksnat.
2017 ertranken in Thüringen 13 Menschen, im Jahr davor waren es sieben. Laut Bundesdlrg ist mittlerweile jeder zweite Grundschüler kein sicherer Schwimmer. „Der Lehrplan sieht Schwimmunterricht in der 3. oder 4. Klasse vor, das ist zu spät“, kritisiert Sloksnat. Aktuell käme noch ein weiteres Thema hinzu: Viele Flüchtlinge können schlecht beziehungsweise gar nicht schwimmen oder überschätzen sich.a