Jetzt kommt der Telearzt
KV und AOK statten Praxen mit Telemedizin-koffer aus. Lockerung des Fernbehandlungsverbotes gefordert
Abo-service Anzeigen-service Ticket-service () () () () Erfurt. Gabriele Liehr, Krankenschwester in einer Hausarztpraxis in Mechterstädt bei Gotha, ist Thüringens erste Televerah. Die Bezeichnung steht für nichtärztliche Praxisassistentinnen von Hausärzten, die für ihre Hausbesuche bei Patienten künftig einen Telemedizinrucksack nutzen. Per Tablet können so vor Ort Gesundheitsdaten wie Puls, Blutzucker, Gewicht, Blutdruck, Lungenvolumen und Herzfunktion direkt in die Praxis übermittelt werden.
Die Televerah ist Teil des Projektes Telearzt der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen (KVT). Als erste und bisher einzige Krankenkasse habe man dafür die AOK plus gewonnen, mit einer zweiten Kasse sei man im Gespräch. „Mit dem Projekt lassen sich vor allem die Versorgung auf dem Land verbessern und Hausbesuche effizienter gestalten“, sagte AOK-CHEF Rainer Striebel. Vom Land forderte er einen schnellen Ausbau der Breitband-infrastruktur, damit das System überall funktioniert.
Rund 500 nichtärztliche Praxisoder Versorgungsassistentinnen, kurz Näpa oder Verah, gibt es in Thüringen. Entsprechend qualifiziert, entlasten sie in jeder dritten Praxis den Hausarzt. Die Nutzung der Telemedizin spare zusätzlich Zeit beim Patienten und in der Praxis, sagte Kvt-chefin Annette Rommel, in deren Mechterstädter Hausarzt-praxis das Projekt gestern startete. „Gesundheitsdaten von Haushaltsbesuchen können direkt ins Praxisverwaltungssystem eingespeist und vom Arzt im Bedarfsfall gleich konkrete Schritte eingeleitet werden, ohne dass Arzt oder Verah noch mal zum Patienten fahren müssen“, sagt die Ärztin.
Laut einem Sprecher der Firma Vitaphone, die den Telekoffer entwickelte, werden die Daten über eine sichere Leitungen übertragen. Pro Koffer falle eine Leasinggebühr von 500 Euro pro Quartal an. Für Ausstattung und Aufwand übernimmt die AOK rund 800 Euro pro Arzt und Quartal.
Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) wünschte dem Projekt gestern viele Teilnehmer. Das Land fördert die ersten 150 Koffer mit 125 000 Euro. Land, KVT und AOK forderten eine Lockerung des Fernbehandlungsverbotes, um weitere telemedizinische Anwendungen nutzen zu können. Anamnese und Diagnosen müssten aber Sache des Arztes bleiben.
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