Das Warten im Nsu-prozess geht weiter
Die Plädoyers der Verteidigung verzögern sich erneut. Diesmal muss sich ein Anwalt um die Familie kümmern – und die anderen wollen nicht
München. Im Nsu-prozess verzögern sich die Plädoyers der Verteidigung bis nächste Woche – mindestens. Nachdem zuletzt die Verhandlung durch mehrere Befangenheitsanträge des Angeklagten André E. und einen neuen Wahlverteidiger blockiert worden war, hätten gestern die Schlussvorträge der Rechtsanwälte von Beate Zschäpe beginnen können. Hätten.
Doch Rechtsanwalt Hermann Borchert – er ist einer der beiden Wahlverteidiger der Hauptangeklagten – hatte sich wegen eines „familiären Notfalls“abgemeldet. Sein Kollege Mathias Grasel sah sich nicht in der Lage, schon einmal selbst zu beginnen: Borchert sei zuerst dran.
Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl bat daraufhin die Verteidiger des Angeklagten Holger G., mit den Plädoyers zu beginnen – „aus Zweckmäßigkeitsgründen“. Dabei verwies er auf das sogenannte Beschleunigungsgebot der Strafprozessordnung, die auch im Interesse der Angeklagten eine zügige Verhandlung vorsieht.
Doch Rechtsanwalt Stefan Hachmeister weigerte sich. Er wisse nicht, wie sich „das prozessuale Geschehen“entwickle, sagte er und verwies darauf, dass sein Mandant die Mitangeklagte Zschäpe erheblich belastet habe.
Man wolle daher im Interesse von Holger G. darauf warten, wie sich die Hauptangeklagte mittels ihrer Anwälte dazu äußere. Auch die Verteidiger des Angeklagten Ralf Wohlleben lehnten auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters ab, mit ihren Plädoyers zu beginnen. Seine beiden Kollegen hätten „noch einige Ergänzungen“bei ihren Schlussvorträgen zu machen, sagte Rechtsanwalt Olaf Klemke. Deshalb könne man erst ab nächster Woche plädieren.
Nachdem Zschäpes Verteidiger Grasel mitteilte, dass sein Kollege auch am heutigen Mittwoch verhindert sei, wurde die Verhandlung für eine Woche unterbrochen. Weitergehen soll es kommenden Dienstag, um 9.30 Uhr. Der Vorsitzende Richter gab den Verteidigern der fünf Angeklagten bis dahin noch etwas mit. „Ich würde sie alle bitten, dass sie sich einfach auf einen Schlussvortrag einstellen“, sagte er. Der Beginn des Nsu-prozesses jährt sich Anfang Mai zum fünften Mal. Nachdem im Sommer vergangenen Jahres die Beweisaufnahme abgeschlossen worden war, hielten Bundesanwaltschaft und Nebenkläger ihre Plädoyers. Seit Februar stockt die Verhandlung wegen verschiedener Anträge und Manöver der Verteidiger von Wohlleben, André E. und Zschäpe. Anwälte mehrere Nebenkläger sprachen auch am Dienstag von „Prozessverschleppung“.
Die Bundesanwaltschaft fordert für Zschäpe lebenslange Haft und anschließende Sicherungsverwahrung. Sie soll als Mittäterin an allen Verbrechen des NSU beteiligt gewesen sein.