Selbstüberschätzung und Sorglosigkeit am Beckenrand
Viele Badende überschätzen ihr Kräfte. Einwanderer ohne Schwimmkenntnisse als zusätzliches Problem
Erfurt. Angesichts der bevorstehenden Badesaison hat die Deutsche Lebensrettungs-gesellschaft DLRG erneut vor den Gefahren in Freibädern und an den Badeseen gewarnt. „Bereits in den letzten Jahren kam es in Thüringen zu einem deutlichen Anstieg bei den Badeunfällen“, erklärte der Thüringer Dlrgpräsident Harry Sloksnat.
Ein Unfallschwerpunkt seien nach wie vor die unbewachten Gewässer, Flüsse und Kanäle. „Alkohol ist eine häufige Unfallursache, nicht selten kommen Leichtsinn und Selbstüberschätzung bei den Badenden hinzu“, so Sloksnat weiter. Außerdem seien Abbruchkanten, Strömungen oder Schlammböden in den Gewässern nicht immer sofort von der Oberfläche aus zu sehen. „Viele sind sich der Gefahr nicht bewusst, überschätzen ihre Kräfte.“Besonders gefährdet seien Kinder und Männer.
Doch auch in den Freibädern des Freistaates lauern jede Menge Gefahren. Zumal vielerorts das Aufsichtspersonal rar ist. „Es wird immer schwieriger, Fachangestellte für Bädertechnik zu finden“, erklärte Christian Kaufmann, der Vorsitzende des Landesverbandes deutscher Schwimmmeister. Diese Bademeister würden aber benötigt, „um während der Öffnungszeiten die Betriebsaufsicht sicherzustellen“, betonte Kaufmann.
Zahlreiche Kommunen behelfen sich mit Saisonkräften: ausgebildete Rettungsschwimmer. Aber auch für diesen Job werden Bewerber knapp. „In Thüringen werden pro Jahr zwischen 200 und 300 Rettungsschwimmer neu ausgebildet, darunter sind aber rund 150 sogenannte Externe“, erklärt Sloksnat. Also Männer und Frauen, die den Nachweis brauchen, aber nie einen Job am Beckenrand verrichten wollen.
Im Sommer könnte sich die Situation in den Freibädern zuspitzen. „Denn viele Flüchtlinge, die zu uns kommen, können nicht oder nur sehr schlecht schwimmen“, so Sloksnat. Und dennoch springen sie ins Wasser – teils aus Sorglosigkeit , teils aus Selbstüberschätzung. „Die Aufklärung durch die Rettungsschwimmer ist in vielen Fällen sehr schwierig – denn häufig verstehen sie kein Wort deutsch.“
Und manchmal fehlt es ihnen einfach auch an Respekt, gerade auch gegenüber dem weiblichen Personal. „Auf diese neue Situation müssen sich alle Beteiligten schnellstens einstellen.“
Aber auch die Thüringer Kinder und Jugendlichen haben ihre Probleme mit dem nassen Element. Nur rund ein Fünftel von ihnen kann gut oder sehr gut schwimmen. Neben den Eltern sei vor allen Dingen die Politik gefordert. Harry Sloksnat: „Wir brauchen genügend Hallen, die für den Schwimmunterricht in Schule und Verein zur Verfügung stehen – kostenlos.“
Insgesamt finden sich in ganz Thüringen über 200 Schwimmund Badeteiche, darunter 168 Freibäder und knapp 40 natürliche Badegewässer. Und alle rüsten sich seit Wochen für die bevorstehende Saison. Nach den Wintermonaten mussten vielerorts kleinere Schäden ausgebessert werden, die der Frost hinterlassen hat. Außerdem fallen in vielen Freibädern vor der Saison Anstricharbeiten an, die Sanitäranlagen müssen überprüft und die Grün- und Liegeflächen gepflegt werden.
Sorgen um die Wasserqualität muss man sich im Freistaat nach Aussagen des Thüringer Sozialministeriums indes nicht machen. „Die Gesundheitsämter der Landkreise sowie kreisfreien Städte überwachen während der Badesaison im Rhythmus von vier Wochen die Wasserqualität in allen Badegewässern des Freistaates“, erklärte Sprecher Stefan Wogawa auf Anfrage. Die Untersuchung der entnommenen Wasserproben erfolgt im Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz (TLV).
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Die Saison beginnt für die meisten Anlagen in Thüringen wie geplant am . Mai. Allerdings wollen einige Bäder erst später öffnen.