Grenzen für Kirche als Arbeitgeber
Der EUGH hat entschieden, dass konfessionelle Einrichtungen nicht immer eine Kirchenmitgliedschaft verlangen dürfen
Berlin. Kirchliche Arbeitgeber dürfen nicht bei jeder Stellenausschreibung von den Bewerbern einfordern, dass sie einer Religionsgemeinschaft angehören. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EUGH) in Luxemburg am Dienstag zu einem Berliner Fall entschieden. Zur Bedingung darf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Konfession nur gemacht werden, wenn dies für die Tätigkeit „objektiv geboten“ist. Außerdem muss die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben.
Vorausgegangen war ein Streit über eine Stellenausschreibung für eine befristete Referentenstelle für das Projekt „Parallelberichterstattung zur Un-antirassismuskonvention“des Evangelischen Werks für Diakonie und Entwicklung. Dieses hatte die Zugehörigkeit zu einer protestantischen Kirche gefordert. Bewerber sollten diese auch in ihrem Lebenslauf ausweisen. Eine konfessionslose Bewerberin aus Berlin wurde nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Da sie annahm, sie habe die Stelle wegen ihrer Konfessionslosigkeit nicht bekommen, verklagte sie die evangelische Institution und forderte knapp 10 000 Euro Entschädigung.
Der Fall ging in Deutschland mit widersprüchlichen Urteilen durch die Instanzen. Das Bundesarbeitsgericht bat schließlich die Kollegen in Luxemburg um eine grundsätzliche Auslegung des Eu-diskriminierungsverbots.
Der EUGH stellte nun fest, dass die Antidiskriminierungsrichtlinie eine Abwägung erfordere zwischen dem kirchlichen Privileg auf Selbstbestimmung und dem Recht eines Bewerbers, nicht wegen seiner Religion oder Weltanschauung diskriminiert zu werden. Zwischen beidem sei ein „angemessener Ausgleich“herzustellen. Die Abwägung müsse im Fall eines Rechtsstreits eine unabhängige Stelle und letztlich ein Gericht überprüfen können. Kirchen dürften zwar eine „mit der Religion oder Weltanschauung zusammenhängende Anforderung“stellen, hieß es. Dies gelte aber nur, wenn diese Bedingung bei der jeweiligen Tätigkeit „eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation“darstelle. Arbeitsrechtler sehen das Urteil zum kirchlichen Arbeitsrecht als Meilenstein. „Bisher hatten kirchliche Arbeitgeber recht große Autonomie bei der Frage, wen sie einstellen möchten. Das geht jetzt nicht mehr“, erklärt Steffen Klumpp, Professor an der Uni Erlangen. Das Urteil des EUGH lege fest, dass kirchliche Arbeitgeber künftig objektiv beurteilen müssen, ob eine Konfessionszugehörigkeit für bestimmte Arbeitsbereiche zwingend notwendig ist. Der Passus „objektiv“werde jedoch die Arbeitsgerichte vor größere Herausforderungen stellen, sagt Klumpp. Der EUGH erkläre, dass ab sofort zwischen „verkündungsnahen“oder „verkündungsfernen“Arbeitsbereichen unterschieden werden müssen, so Steffen Klumpp.
So habe man aber lediglich einen abstrakten Begriff durch zwei neue erklärt, fügt Klumpp hinzu. Berufe, die nicht eindeutig mit der „Verkündung“im Zusammenhang stehen, befinden sich in einem Graubereich, in dem nun Arbeitsgerichte entscheiden müssen. Mit einer weitreichenden Klagewelle sei aber nicht zu rechnen.
Die Möglichkeit, sich in Berufe einzuklagen, besteht nicht. Das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) sieht für Fälle von Diskriminierung eine Entschädigungszahlung vor. Zudem unterscheiden sich die Einstellungsvoraussetzungen bei katholischen und evangelischen Trägern. Während die evangelische Kirche weitestgehend evangelische Christen einstellt, kennt die katholische Kirche diesen Grundsatz nicht. Steffen Klumpp, Professor für Arbeitsrecht an der Uni Erlangen
In einer Stellungnahme begründete die Diakonie, dass Anforderungen wie die Kirchenmitgliedschaft bei der Personalauswahl in der Diakonie nicht willkürlich gestellt werden. Es handle sich immer um einen Abwägungsprozess. „Für die Arbeit der Diakonie ist eine evangelische Prägung wichtig. Diese erwarten auch die Menschen von uns, die uns ihre Kinder, Eltern oder Kranken anvertrauen“, sagt Jörg Kruttschnitt, Rechtsvorstand der Diakonie Deutschland. Die Diakonie will abwarten, welche Auswirkungen das Eugh-urteil auf die Personalauswahl haben wird. Zunächst müsse die ausstehende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts abgewartet werden, die verfassungsrechtlich geprüft werden soll.
Die Gewerkschaft Verdi begrüßte das Urteil. Die Konfessionszugehörigkeit dürfe nur verlangt werden, wenn die Tätigkeit mit dem Glauben zu tun habe. „Kirchliche Arbeitgeber dürfen ausschließlich die Qualifikation und Eignung berücksichtigen“, sagte Vorstandsmitglied Sylvia Bühler. bis - - - - -
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Arbeitsrechtler sehen im Urteil einen Meilenstein
„Bisher hatten kirchliche Arbeitgeber recht große Autonomie. Jetzt nicht mehr.“
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