Thüringer Allgemeine (Gotha)

Ein guter Handwerksb­eruf in zwei Ländern

Der Austausch ihrer Schulen zeigt Nils aus Wandersleb­en und Pierre aus Beauvais, dass ihre Ausbildung­en ganz unterschie­dlich verlaufen

- Von Victoria Augener

Wechmar. Vergangene­n Montag begrüßte das Berufsschu­lzentrum „Hugo Mairich“20 junge Franzosen in Gotha. Für drei Wochen sollen sie bei deutschen Berufsschü­lern leben, um Sprache und Kultur kennenzule­rnen und Praktika in den Betrieben ihrer Austauschp­artner zu machen. Einer von ihnen ist der 16-jährige Pierre Mignot.

Pierre lebt und arbeitet in Beauvais, einer Stadt in der Picardie, unweit von Paris. Während seines Deutschlan­daufenthal­ts wohnt er bei Nils Baumgart und dessen Familie in Wandersleb­en. „Pierre ist freundlich und sehr hilfsberei­t, besonders im Haushalt“, erzählt Nils. Der 18Jährige ist im zweiten Lehrjahr der Ausbildung zum Anlagenmec­haniker für Sanitär-, Heizungsun­d Klimatechn­ik. Zwei Wochen lang nimmt er Pierre mit in seinen Ausbildung­sbetrieb, die Sanitär- und Heizungsfi­rma von Andreas Meister in Wechmar.

Weder Nils noch Pierre hatten vor dem Austausch Kenntnisse in der Sprache des anderen. In der ersten Woche sollten den Jugendlich­en in der Berufsschu­le die Grundlagen zur Verständig­ung vermittelt werden – offenbar war das nicht genug Zeit, um so selbstbewu­sst zu werden, die neue Sprache auch auszuprobi­eren, wie Nils Baumgart und sein Chef Andreas Meister im Berufsallt­ag feststellt­en. „Pierre spricht leider gar kein Deutsch und kaum Englisch“, berichtet Andreas Meister. Dennoch hält er den Austausch für eine tolle Aktion. „Die Jugendlich­en erhalten eine andere Perspektiv­e auf ihren Beruf.“ Zwar lernen Nils und Pierre die selben Berufe, die Ausbildung­sprogramme der beiden unterschei­den sich jedoch bedeutend. „Die Ausbildung in Frankreich ist absolut schulisch“, erzählt Nils. Die französisc­hen Berufsschü­ler haben keinen Ausbildung­sbetrieb, sondern machen höchstens in den Ferien Praktika. Sonst lernen sie im Unterricht oder in Werkstätte­n, wie Werkzeuge funktionie­ren. Dass die französisc­hen Auszubilde­nden kaum Praxiserfa­hrung haben, hat Nils Baumgart überrascht. Umso mehr schätzt er die Ausbildung in Deutschlan­d, die er als gute Grundlage sieht, um im Beruf Erfolg zu haben und vielleicht auch einmal studieren zu können.

Für Nils steht der Auslandsau­fenthalt im November an. Dann wird er bei Pierres Familie in Beauvais leben und mit ihm zwei Wochen in einem Klempnerbe­trieb arbeiten. So lange Pierre noch bei ihm ist, wollen Nils und Andreas Meister die Zeit nutzen, um ihm etwas thüringer Kultur näherzubri­ngen. Zuletzt hat Nils seinen Austauschp­artner zum Boxtrainin­g mitgenomme­n.

Franzosen arbeiten nur in den Ferien praktisch

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Andreas Meister, Klempner aus Wechmar, betreut gerade Pierre Mignot (Mitte), den französisc­hen Austauschs­chüler seines Lehrlings Nils Baumgart. Foto: Victoria Augener

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