Wald leidet unter dem Borkenkäfer
Friedericke, ein Mastjahr und die Trockenheit: Die Bedingungen in diesem Jahr haben die Population der Schädlinge extrem wachsen lassen. Fichten sind besonders befallen. Und die Zeit drängt, die geschädigten Bäume zu entnehmen. Vor allem aber sehnen sich
Landkreis. Unterhalb von 400 Höhenmetern, so formulierte es der Finsterberger Forstamtsleiter Gerhard Struck, werde die Fichte in unserer Region in Zukunft keine Chance mehr haben. Die Wachstumsbedingungen verschlechtern sich durch den Klimawandel für diese Baumart drastisch. Was Struck damit meint, ist an vielen Stellen im Landkreis zu sehen. Auf dem Boxberg ist es besonders prägnant. Der Borkenkäfer hat große Flächen befallen. In diesen Tagen wird dort großflächig gefällt.
Struck schaut mit Sorge auf den Waldbestand. „Zunächst setzte Sturm Friedericke im Januar dem Wald mächtig zu“, erinnert er. Dabei kam das Forstamt Finsterbergen glimpflich davon. Dann begann ein feuchtes Frühjahr mit Wetterbedingungen, die insbesondere bei den Fichten für ein Mastjahr sorgten. Die am häufigsten in Deutschland vorkommende Baumart blüht normalerweise nur alle vier bis sieben Jahre so stark. Die Blüte kostet den Fichten Kraft. Und die fehlte, als die Trockenheit einsetzte. „Gesunde Bäume können sich gegen Borkenkäferangriffe wehren, indem sie die Stellen verharzen. Ein geschädigter Baum ist dazu nicht mehr in der Lage.“Neben dem ausbleibenden Niederschlag mussten einige Bäume im Forstamtsbereich mit Wurzelschäden leben, die Friedericke hinterlassen hatte. Das alles führte dazu, dass die Borkenkäferpopulation explodierte.
Vier- bis fünffach so viele Borkenkäfer als im Jahr zuvor suchten die Fichtenbestände heim. Unddabeikönnemanimforstamt Finsterbergen noch von Glück reden, sagt Gerhard Struck. Der Befall sei auf niedrigerem Niveau als in anderen Forstämtern. Trotzdem, die Zeit bis zum Frühjahr muss intensiv genutzt werden, um befallenes Holz aus dem Wald zu bringen. „Derzeit ist der Borkenkäfer inaktiv, überwintert in der Bodenstreu oder in Bäumen. Diese Bäume zu finden ist gegenwärtig wichtigste Aufgabe.
Einen Befall wie auf dem Boxberg hat Revierförster Wolfgang Faust noch nicht erlebt. Eine Eindämmung sei überhaupt nicht möglich gewesen. Vorwürfe, man habe die Sturmschäden durch Friedericke anfangs des Jahres nicht zielgerichtet aufbereitet und so dem Käfer Brutstätten hinterlassen, weist der Förster von sich. „Als Friedricke über den Boxberg fegte, waren wir ohnehin im Revier am Arbeiten.“
Die Trockenheit hat die Fichten im Tiefland extrem geschädigt. Unter diesen Bedingungen entwickelten sich Borkenkäfer bestens – nicht nur auf dem Boxberg, ebensolches Bild zeigt sich auch am Seeberg, im Berlach und am Krahnberg.
Hauptsächlich bedecken grüne Fichtennadeln den Waldboden. Ein Zeichen für die Aktivität der Schädlinge. Ein Blick in die Krone zeigt, dass der Baum verloren ist. Der Kupferstecher beginnt seine Arbeit in der Baumspitze, die andere Borkenkäferart, der Buchdrucker mehr in der Mitte. So sind die Schadbilder unterschiedlich – am Ergebnis ändert das wenig, gerade bei einem Massenvorkommen.
„Es ist so, dass der Borkenkäfer zunächst einzelne bis wenige Exemplare in einem Bestand befällt, bevor die Population so groß wird, dass auch größere Flächen geschädigt werden“, erklärt Struck. Im Forstamt Finsterbergen gibt es 15000 Festmeter Borkenkäferholz. Die Plage führte zu gefallenen Holzpreisen bei Fichten. Deshalb wird auch im Forstamtsbereich kein Frischholz geschlagen. Das vom Käfer befallene Holz wird vermarktet. Das Holz vom Boxberg verkauft die Stadt. Immerhin können die Kosten für die Baumfallarbeiten gedeckt werden. Wolfgang Faust hat im Stadtwald Bäume angezeichnet, die entnommen werden, darunter sind nicht nur Fichten. „Der Lärchenborkenkäfer hat sich ebenfalls breit gemacht“, sagte Faust. Das hat er in seiner mehr als 35-jährigen Tätigkeit nur einmal in dieser Form erlebt. Der Baum verliert seine Rinde, darunter zeigen sich die Fraßspuren. Im Stadtwald entstehen Kahlschläge, andererseits werden befallene Nadelbäume aus dem Mischwald entnommen. „Auf den Kahlschlägen werden wir wohl aufforsten“, sagt Stefan Wolf, verantwortlicher Sachbearbeiter der Abteilung Grün der Stadtverwaltung. Naturverjüngung werde allein nicht funktionieren. Die Laubbäume im Forstamtsbereich haben unter dem trockenen Sommer ebenso gelitten. Wie die Fichte steckten sie Energie in die Fruchtbildung. Ihnen setzten nicht nur Insekten zu, sondern auch Pilze. Das Eschentriebsterben bekam unter diesen Bedingungen einen zusätzlichen Schub. „Da diese Baumarten ihr Laub abwerfen, können sie sich im Frühjahr regenerieren“, sagt Struck. Sollte der Sommer im nächsten Jahr ebenso trocken verlaufen, bekommen auch die Laubbäume große Probleme. Deshalb muss der Waldumbau vorangetrieben werden. „Wir gehen davon aus, dass die Fichte künftig bis in eine Höhe von 400 Metern keine optimalen Standortbedingungen mehr vorfinden wird. Bis in diese Region hinein pflanzen wir Ahorn, Eichen, aber auch Tannen und Douglasien. In höheren Regionen hat die Fichte weiterhin ihre Berechtigung.“Gerhard Struck macht deutlich, dass im Forstamt Finsterbergen Höhen zwischen 300 und über 900 Metern bewirtschaftet werden. Das Zauberwort heißt Waldumbau.
Gegenwärtig hält der Borkenkäfer Winterruhe. Diese Zeit soll genutzt werden, um so viel befallenes Holz wie nur möglich aus dem Boxbergwald zu holen. Ob damit Kupferstecher und Buchdrucker eingedämmt werden können, hängt auch vom Wetter ab. Der Wald brauche Regen, Regen und nochmals Regen.
Das Zauberwort heißt Waldumbau