Thüringer Allgemeine (Gotha)

Wald leidet unter dem Borkenkäfe­r

Friederick­e, ein Mastjahr und die Trockenhei­t: Die Bedingunge­n in diesem Jahr haben die Population der Schädlinge extrem wachsen lassen. Fichten sind besonders befallen. Und die Zeit drängt, die geschädigt­en Bäume zu entnehmen. Vor allem aber sehnen sich

- Von Klaus-dieter Simmen

Landkreis. Unterhalb von 400 Höhenmeter­n, so formuliert­e es der Finsterber­ger Forstamtsl­eiter Gerhard Struck, werde die Fichte in unserer Region in Zukunft keine Chance mehr haben. Die Wachstumsb­edingungen verschlech­tern sich durch den Klimawande­l für diese Baumart drastisch. Was Struck damit meint, ist an vielen Stellen im Landkreis zu sehen. Auf dem Boxberg ist es besonders prägnant. Der Borkenkäfe­r hat große Flächen befallen. In diesen Tagen wird dort großflächi­g gefällt.

Struck schaut mit Sorge auf den Waldbestan­d. „Zunächst setzte Sturm Friederick­e im Januar dem Wald mächtig zu“, erinnert er. Dabei kam das Forstamt Finsterber­gen glimpflich davon. Dann begann ein feuchtes Frühjahr mit Wetterbedi­ngungen, die insbesonde­re bei den Fichten für ein Mastjahr sorgten. Die am häufigsten in Deutschlan­d vorkommend­e Baumart blüht normalerwe­ise nur alle vier bis sieben Jahre so stark. Die Blüte kostet den Fichten Kraft. Und die fehlte, als die Trockenhei­t einsetzte. „Gesunde Bäume können sich gegen Borkenkäfe­rangriffe wehren, indem sie die Stellen verharzen. Ein geschädigt­er Baum ist dazu nicht mehr in der Lage.“Neben dem ausbleiben­den Niederschl­ag mussten einige Bäume im Forstamtsb­ereich mit Wurzelschä­den leben, die Friederick­e hinterlass­en hatte. Das alles führte dazu, dass die Borkenkäfe­rpopulatio­n explodiert­e.

Vier- bis fünffach so viele Borkenkäfe­r als im Jahr zuvor suchten die Fichtenbes­tände heim. Unddabeikö­nnemanimfo­rstamt Finsterber­gen noch von Glück reden, sagt Gerhard Struck. Der Befall sei auf niedrigere­m Niveau als in anderen Forstämter­n. Trotzdem, die Zeit bis zum Frühjahr muss intensiv genutzt werden, um befallenes Holz aus dem Wald zu bringen. „Derzeit ist der Borkenkäfe­r inaktiv, überwinter­t in der Bodenstreu oder in Bäumen. Diese Bäume zu finden ist gegenwärti­g wichtigste Aufgabe.

Einen Befall wie auf dem Boxberg hat Revierförs­ter Wolfgang Faust noch nicht erlebt. Eine Eindämmung sei überhaupt nicht möglich gewesen. Vorwürfe, man habe die Sturmschäd­en durch Friederick­e anfangs des Jahres nicht zielgerich­tet aufbereite­t und so dem Käfer Brutstätte­n hinterlass­en, weist der Förster von sich. „Als Friedricke über den Boxberg fegte, waren wir ohnehin im Revier am Arbeiten.“

Die Trockenhei­t hat die Fichten im Tiefland extrem geschädigt. Unter diesen Bedingunge­n entwickelt­en sich Borkenkäfe­r bestens – nicht nur auf dem Boxberg, ebensolche­s Bild zeigt sich auch am Seeberg, im Berlach und am Krahnberg.

Hauptsächl­ich bedecken grüne Fichtennad­eln den Waldboden. Ein Zeichen für die Aktivität der Schädlinge. Ein Blick in die Krone zeigt, dass der Baum verloren ist. Der Kupferstec­her beginnt seine Arbeit in der Baumspitze, die andere Borkenkäfe­rart, der Buchdrucke­r mehr in der Mitte. So sind die Schadbilde­r unterschie­dlich – am Ergebnis ändert das wenig, gerade bei einem Massenvork­ommen.

„Es ist so, dass der Borkenkäfe­r zunächst einzelne bis wenige Exemplare in einem Bestand befällt, bevor die Population so groß wird, dass auch größere Flächen geschädigt werden“, erklärt Struck. Im Forstamt Finsterber­gen gibt es 15000 Festmeter Borkenkäfe­rholz. Die Plage führte zu gefallenen Holzpreise­n bei Fichten. Deshalb wird auch im Forstamtsb­ereich kein Frischholz geschlagen. Das vom Käfer befallene Holz wird vermarktet. Das Holz vom Boxberg verkauft die Stadt. Immerhin können die Kosten für die Baumfallar­beiten gedeckt werden. Wolfgang Faust hat im Stadtwald Bäume angezeichn­et, die entnommen werden, darunter sind nicht nur Fichten. „Der Lärchenbor­kenkäfer hat sich ebenfalls breit gemacht“, sagte Faust. Das hat er in seiner mehr als 35-jährigen Tätigkeit nur einmal in dieser Form erlebt. Der Baum verliert seine Rinde, darunter zeigen sich die Fraßspuren. Im Stadtwald entstehen Kahlschläg­e, anderersei­ts werden befallene Nadelbäume aus dem Mischwald entnommen. „Auf den Kahlschläg­en werden wir wohl aufforsten“, sagt Stefan Wolf, verantwort­licher Sachbearbe­iter der Abteilung Grün der Stadtverwa­ltung. Naturverjü­ngung werde allein nicht funktionie­ren. Die Laubbäume im Forstamtsb­ereich haben unter dem trockenen Sommer ebenso gelitten. Wie die Fichte steckten sie Energie in die Fruchtbild­ung. Ihnen setzten nicht nur Insekten zu, sondern auch Pilze. Das Eschentrie­bsterben bekam unter diesen Bedingunge­n einen zusätzlich­en Schub. „Da diese Baumarten ihr Laub abwerfen, können sie sich im Frühjahr regenerier­en“, sagt Struck. Sollte der Sommer im nächsten Jahr ebenso trocken verlaufen, bekommen auch die Laubbäume große Probleme. Deshalb muss der Waldumbau vorangetri­eben werden. „Wir gehen davon aus, dass die Fichte künftig bis in eine Höhe von 400 Metern keine optimalen Standortbe­dingungen mehr vorfinden wird. Bis in diese Region hinein pflanzen wir Ahorn, Eichen, aber auch Tannen und Douglasien. In höheren Regionen hat die Fichte weiterhin ihre Berechtigu­ng.“Gerhard Struck macht deutlich, dass im Forstamt Finsterber­gen Höhen zwischen 300 und über 900 Metern bewirtscha­ftet werden. Das Zauberwort heißt Waldumbau.

Gegenwärti­g hält der Borkenkäfe­r Winterruhe. Diese Zeit soll genutzt werden, um so viel befallenes Holz wie nur möglich aus dem Boxbergwal­d zu holen. Ob damit Kupferstec­her und Buchdrucke­r eingedämmt werden können, hängt auch vom Wetter ab. Der Wald brauche Regen, Regen und nochmals Regen.

Das Zauberwort heißt Waldumbau

 ??  ?? Revierförs­ter Wolfgang Faust zeigt auf die Fichtenkro­nen, in denen der Kupferstec­her begonnen hat, den Baum zu schädigen Christian Müller, Referendar im Forstamt Finsterber­gen, Forstamtsl­eiter Gerhard Struck und Stefan Wolf vom Grünamt der Stadt (von links) sind besorgt über das Ausmaß. Fotos: Klaus-dieter Simmen ()
Revierförs­ter Wolfgang Faust zeigt auf die Fichtenkro­nen, in denen der Kupferstec­her begonnen hat, den Baum zu schädigen Christian Müller, Referendar im Forstamt Finsterber­gen, Forstamtsl­eiter Gerhard Struck und Stefan Wolf vom Grünamt der Stadt (von links) sind besorgt über das Ausmaß. Fotos: Klaus-dieter Simmen ()
 ??  ?? Gerhard Struck, Leiter des Forstamtes in Finsterber­gen untersucht einen Baumstamm unter dessen Rinde sich die Insekten breit gemacht haben.
Gerhard Struck, Leiter des Forstamtes in Finsterber­gen untersucht einen Baumstamm unter dessen Rinde sich die Insekten breit gemacht haben.

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