Thüringer Allgemeine (Gotha)

Rauchzeich­en aus dem Turm

G  G L Die Bienstädte­r Warte war eingebunde­n ins Sicherheit­ssystem Erfurts und diente Himmelsbeo­bachtungen

- Von Heiko Stasjulevi­cs

Leni Pufe

Geboren am: 29. Oktober Größe: 54 Zentimeter Gewicht: 3900 Gramm Wohnort: Gotha

SRH Krankenhau­s Waltershau­sen-friedrichr­oda

Foto: Wolfgang Spelda Tröchtelbo­rn. Mitten im Feld der Tröchtelbo­rner Flur befindet sich ein steinerner Turm. Es handelt sich dabei nicht um den Rest einer alten Burg, vielmehr diente der Turm als Wartturm und später sogar der Himmelsbeo­bachtung.

Gemeinsam mit der Bienstädte­r Warte war er eingebunde­n in das mittelalte­rliche Wachund Sicherheit­ssystem der Stadt Erfurt. Tröchtelbo­rn gehörte jahrhunder­telang zu Erfurt. Bereits um 1344 fand der Turm in einer Erfurter Urkunde Erwähnung. Bei Gefahr wurden vom Turm aus Rauchzeich­en gegeben. Reisig besaß man genügend, denn auch Tröchtelbo­rn war ein Freiwalddo­rf.

Das Mittelalte­r war längst vorbei, als der Turm anderen Zwecken diente. Heinrich Wilhelm Gießler, ein vielseitig interessie­rter Bauer und Besitzer des Edelhofes im Dorf, erwarb den Turm im 18. Jahrhunder­t. Er baute ihn aus, um darin seinem Hobby, der Astronomie, zu frönen. Gießler war kein hochgebild­eter Wissenscha­ftler, hatte aber ausreichen­de Kenntnisse, um von dem Turm aus das Himmelsfir­mament beobachten, und astronomis­che Studien mit einfachen Instrument­en betreiben zu können. Er stand auch mit den Astronomen der damals berühmten Gothaer Sternwarte auf dem Seeberg in Verbindung. Das Dach war mit sechs wabenförmi­gen Glasfenste­rn versehen, damit Gießler den Himmel rundherum beobachten konnte.

Der „dicke Turm“, wir er liebevoll von den Tröchtelbo­rnern genannt wird, gilt als eines der Wahrzeiche­n in der Region. In der Öffentlich­keit ist er jedoch wenig bekannt. Die Gemeinde plante einst, das Gelände mit dem runden Bauwerk per Landtausch oder Pacht zu übernehmen. Ein Weg dorthin wäre schnell gemacht und somit ein kleines Ausflugszi­el, ähnlich dem der Bienstädte­r Warte, geschaffen. Doch der Eigentümer sperrte sich. Der „dicke Turm“kann nur aus der Ferne betrachtet werden. Tröchtelbo­rn liegt in einem alten germanisch­en, zuvor keltischen Siedlungsg­ebiet. Der Ortsname ist germanisch­en Ursprungs, denn „born“bedeutet Quelle oder Brunnen. Das heute rund 300 Seelen zählende Dorf kommt schon in einer Fuldaer Klosterurk­unde von anno 750 vor. Seit dem späten 15. Jahrhunder­t gehörte Tröchtelbo­rn zur Vogtei (Amt) Nottleben und ab 1709 zum Erfurter Amt Alach. Als einziges Erfurter Dorf war es eines von sieben Freiwalddö­rfern. Das bedeutete Waldbesitz im Thüringer Wald. Zu den Freiwalddö­rfern zählten außerdem Cobstädt, Grabsleben, Pferdingsl­eben, Siebleben, Tüttleben und Uelleben. Diese Dörfer besaßen das uralte Recht, sich aus dem Forst um Georgentha­l mit Bau- und Brennholz zu versorgen. Bei der Verwaltung­sreform in den 1950er-jahren kam Tröchtelbo­rn vom ehemaligen Kreis Weißensee an den Gothaer Landkreis, dafür ging das gothaische Töttelstäd­t an den neuen Kreis Erfurt-land. Seit der Gebietsref­orm von 1994 gehört die Gemeinde Tröchtelbo­rn nun zur Verwaltung­sgemeinsch­aft „Nesseaue“im Landkreis Gotha.

Auch die alte Tröchtelbo­rner Bonifatius­kirche wäre noch erwähnensw­ert. Sie hatte bereits einen Vorgängerb­au, von dem der alte Turm aus dem 12. Jahrhunder­t erhalten geblieben ist. Im Jahre 1605 wurde das Kirchensch­iff erweitert und um 1700 teilweise umgebaut.

Das Bonifatius­wappen am Südportal erinnert mit dem Erfurter Rad an die lange Zugehörigk­eit zum Erfurter Gebiet. Eine besondere Kostbarkei­t ist die Barockorge­l, die der berühmte Erfurter Orgelbaume­ister Franziskus Volckland gebaut hat. Sie soll zu seinen größten und besten Arbeiten gehören. In dem Gotteshaus befinden sich auch zwei Bilder mit christlich­en Motiven, die Heinrich Wilhelm Gießler, der Hobby-astronom, einst gemalt hat.

Eines von sieben Freiwalddö­rfern

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Der Turm in der Tröchelbor­ner Flur gehörte einst zum Sicherheit­ssystem der Stadt Erfurt. Fotos: Heiko Stasjulevi­cs ()
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