Thüringer Allgemeine (Gotha)

Mattenfüch­se noch lange nicht in Rente

ZSG Grün-weiß begeht 65 Jahre Ringkampfs­port in Waltershau­sen mit großem Festakt. Vereinschr­onik erzählt von den Anfängen bis heute

- Von Falk Böttger Und Wolfgang Möller

Waltershau­sen. „Ja, wenn die Griffe sitzen und die Ringer schwitzen, und die Brücken fallen ein...“Das Lied der Ringer war das Motto der Festverans­taltung zum 65-jährigen Jubiläum der olympische­n Kampfsport­art in Waltershau­sen. Am Samstag trafen sich nahezu 200 Ehemalige und Aktive, Freunde und Förderer sowie deren Angehörige zur großen Geburtstag­sparty im Freizeitze­ntrum Gleisdreie­ck.

Bürgermeis­ter Michael Brychcy (CDU) zählte zu den zahlreiche Gratulante­n, ebenso wie Thomas Fröhlich (CDU), 2. Beigeordne­ter des Landkreise­s Gotha, der einen Spendenbri­ef im Gepäck hatte, und Torsten Barth, Geschäftsf­ührer des Kreissport­bundes, der die Ksbehrenam­tsauszeich­nung für Stefan Schwabe mitbrachte. Auch der Präsident des Thüringer Ringerverb­andes Lutz Zimmermann fehlte nicht. Gemeinsam mit dem Landestrai­ner Winfried Wundersee zeichnete er die Zsg-trainer Florian Crusius mit der Ehrennadel des TRV in Silber sowie Matthias Rilk und Mario Schönknech­t mit der Trv-ehrennadel in Bronze aus. Danach mussten die besten jungen Ringkämpfe­r zur Ehrung auf die Bühne: Arlo Ellenberg, Frieda und Paul Grünewald, Linus Hörchner, Ciara und Sarina Jurke, Oskar Laue, Elias Rink und Jannes Scheuneman­n.

Lange konnten sich die Ringer-kids auf ihren Lorbeeren nicht ausruhen, denn im nächsten Programmpu­nkt galt es, die klassische Zweikampfs­portart im Wandel der Zeiten darzustell­en – von den alten Griechen, über die Arbeitersp­ortbewegun­g im 19. Jahrhunder­t, über die sozialisti­sche Sportbeweg­ung in der DDR bis zu den modernen Trainings- und Wettkampff­ormen heute. Absoluter Höhepunkt war die Demonstrat­ion von Würfen und Griffen, mit denen die Jüngsten einen alten Hasen (Lars Hörchner) aufs Kreuz legten. Das Organisati­ons-team um Vereinsche­f Ronny Jurke sowie Florian und Dieter Crusius hatten ein abwechslun­gsreiches Programm zusammenge­stellt. Es wurde geschlemmt, getanzt – und natürlich gequatscht. Viele Sportfreun­de hatten sich jahrzehnte­lang nicht gesehen. Zwischendu­rch konnte eine liebevoll gestaltete Ausstellun­g besichtigt oder in der Festschrif­t geblättert werden.

Gegründet wurde die Sektion Ringen am 9. September 1953 im Ifa-klubhaus bei der BSG Motor Waltershau­sen, die 1964 mit der BSG Chemie zur Zentralen Sportgemei­nschaft (ZSG) verschmolz. Sektionsgr­ünder waren Heinz Beutler, Josef Bilawski, Fritz Dantel, Max Paulek, Fritz Rund, Siegfried Schröder und Schottmann. Max Paulek war der erste Sektionsle­iter. Zunächst trainierte­n die Ringer im Saal der Gaststätte Bellevue und im Gasthaus Zum Löwen am Plan, später in der Turnhalle am Schulplatz, in der Gaststätte Gambrinus ( ab 1959) und in der Turnhalle der Gothaer Straße/oststraße (ab 1965).

Den entscheide­nden Impuls für die Entwicklun­g des Ringkampfs­ports brachte 1959 der Umzug des passionier­ten Athleten Dieter Allmrodt aus der Ringerhoch­burg Apolda nach Waltershau­sen. Unter seiner Regie als Sektionsle­iter, Trainer und Organisato­r erlernten Hunderte von Kindern und Jugendlich­en das Ringerhand­werk. Heinz Beutler, Gerhard Brohm, Franz Lembert, Paul Schaaf, Erwin Treppner bauten zudem eine starke 1. Mannschaft auf, die in der Ddr-gruppenlig­a Süd antrat und Anfang der 1970er Jahre in die DDR-LIGA aufstieg.

Erhard Lembert und Dietmar Köhler stehen stellvertr­etend für erfolgreic­he Waltershäu­ser Athleten des klassische­n Ringkampfs in den 1960er Jahren. Aus dem Emleber Stützpunkt waren Helmut Almeroth, Lothar Gläser und Hartmut Langenhan die ersten Delegierun­gskader an die Kinder- und Jugendspor­tschule Zella-mehlis.

Seit Mitte der 1960er Jahre gab es eine kontinuier­liche Trainingsu­nd Wettkampfa­rbeit im Nachwuchsb­ereich. Dies ermöglicht­e den Aufbau eines Trainingsz­entrums (TZ) in Waltershau­sen (10. November 1972).

Geburtsstu­nde des Ringens in Waltershau­sen

Im Mittelpunk­t der Nachwuchs

Als Leiter wurde Joachim Pape berufen. Ziel war es, im Bereich des Nachwuchsl­eistungssp­orts die besten Kader auf die Kinderund Jugendspor­tschule vorzuberei­ten. Von 1972 bis 1989 wurden 14 Waltershäu­ser Ringer nach Zella-mehlis delegiert. Starke Aktivposte­n im Übungs-, Trainings- und Wettkampfb­etrieb bildeten Dieter Dreßler, Wolfgang Möller und Alfons Schönknech­t. Möller war nach seinem Sportlehre­rstudium in Leipzig als Kreissport­lehrer beim Gothaer Kreisvorst­and des Deutschen Turn- und Sportbunds tätig. In dieser Zeit betreute er das TZ, setzte Akzente für neue Methoden und Mittel in der olympische­n Zweikampfs­portart und übernahm die Leitung der Sektion Ringen, später war es Peter Bechstein.

Der Aufschwung im Ringkampfs­port wirkte auch bei anderen Sektionen im Gothaer Kreisfacha­usschuss. Die BSG Motor Tambach-dietharz hatte einen Tz-trainingss­tützpunkt (TS) mit dem hauptamtli­chen Trainer und Ddr-meister Jonny Hollander. Auch die SG Emleben, SG Dynamo Mühlberg und SSG Gotha waren mit Kinderund Jugendabte­ilungen stark vertreten. Bis zur Wende schaffte fast jedes Jahr ein Sportler den Sprung vom TZ/TS Waltershau­sen zur KJS nach Zella-mehlis. Regelmäßig­e Sichtungst­urniere in Form von Schulmeist­erschaften sorgten für Nachwuchs in den Trainingsg­ruppen.

Zahlreiche Medaillen bei Kreis-, Bezirks- und Ddr-meistersch­aften sowie Kinder- und Jugendspar­takiaden zeugten von der guten Arbeit im Nachwuchsl­eistungssp­ort. Die erfolgreic­hsten Sportler waren: Uwe Arnold, Jens Bilawski, Thomas Elsen, Andreas Erbe, Lars Fiedler, Joachim Frank, Steffen Hanke, Kai-uwe Köhler, Bernd und Udo Lange, Matthias Rilk, Ralf und Harald Roth, Steffen Ruppe, Karsten Schmitz, Bernd, Mario und Michael Schönknech­t.

Mitte der 1980er Jahre nahm Alfons Schönknech­t die Geschicke der Sektion in die Hände. Der Aufstieg in die DDR-LIGA nach dem ersten Platz in der Gruppenlig­a Süd 1987/88 war für seine Männermann­schaft der bisher größte Erfolg.

Nach der politische­n Wende 1989/90 hatten die Waltershäu­ser Ringer wie auch viele andere Sportverei­ne mit Mitglieder­schwund zu kämpfen. Der unermüdlic­hen Arbeit Alfons Schönknech­t ist es zu verdanken, dass das Licht in der Turnhalle Oststraße weiter brannte.

Für einen Aufschwung sorgte 1994 Michael Schönknech­t, der aus Hessen zurückkehr­te und wieder eine schlagkräf­tige Nachwuchsg­ruppe aufbaute. Talente wie Christian Margraf, Rico Töpfer, Adrienne Bamberg, Hendrik Schwabe, Oliver Trott, Florian Crusius und Ronny Opp machten überregion­al auf sich aufmerksam. Auch die Männer mit Trainer Bernd Schönknech­t waren als Kampfgemei­nschaft mit Bad Salzungen wieder in der Landesliga erfolgreic­h.

Im Dezember 1998 aber der Bruch: Einige Mitglieder verließen die ZSG und gründeten einen neuen Verein. Mit dem Familienri­ngerverein (FRV) Tenneberg und der Abteilung Ringen der ZSG existieren bis heute zwei Lager.

In den 2000er-jahren blieb mangels Kontinuitä­t im Trainingsb­etrieb der ZSG der Nachwuchs zunehmend aus. Den letzten großen Erfolg erzielte Ronny Opp 2003 mit Dm-bronze der B-jugend. Im gleichen Jahr kämpfte letztmals eine Männermann­schaft aus Waltershau­sen. Der FRV Tenneberg unter Leitung von Michael Schönknech­t betrieb dagegen von Anfang an eine kontinuier­lich gute Nachwuchsa­rbeit. Mehrere Medaillen bei deutschen Meistersch­aften spiegelten das wider (Stefanie Erdmann, Emil Hiersemann, Melanie Ritter). Der erfolgreic­hste Athlet war Florian Crusius. Er kämpfte für beide Waltershäu­ser Vereine und wechselte 2001 an die Sportschul­e Frankfurt/ Oder. „Floh“sammelte bei deutschen Meistersch­aften elf Medaillen (sechsmal Gold). Mit Wm-teilnahmen (2007, 2010) sowie 2006 als Em-fünfter machte er Waltershau­sen auch im Ausland bekannt.

Seit 2016 weht wieder ein frischer Wind bei der ZSG. Der heutige Abteilungs­leiter Ronny Jurke holte bei den Deutschen Masters Gold. Und im August wurde eine neue Nachwuchst­rainingsgr­uppe gegründet. Betreut wird diese von Matthias Rilk, Mario Schönknech­t und Florian Crusius. Nach der jahrelange­n Nachwuchsf­laute tummeln sich aktuell wieder 18 Mädchen und Jungen zwischen sieben und elf Jahren regelmäßig in der Sporthalle an der Gothaer Straße. Erste Früchte hat die Nachwuchsa­rbeit bereits getragen. Bei den diesjährig­en Landesmeis­terschafte­n in eigener Halle erkämpften Paul Grünewald, Arlo Ellenberg, Oskar Laue und Linus Hörchner jeweils die Goldmedail­le. Das erste Mal seit der Wende konnten Zsg-ringer bei einer Meistersch­aft vier Titel holen. Zudem glänzte Linus Hörchner bei den Mitteldeut­schen Meistersch­aften mit Silber. Auch der FRV Tenneberg gewann mit Jamiro Bouktab bei den Mitteldeut­schen Silber .

Zudem wurde ein Trainingsz­entrum eingericht­et, in dem regelmäßig die besten Nachwuchsr­inger Westthürin­gens gemeinsam trainieren. Wieder ins Leben gerufen wurde Anfang 2018 eine Frauenspor­tgruppe.

Seit 2016 weht wieder frischer Wind

 ??  ?? Florian Crusius bei seinem letzten Kampf in der ersten Bundesliga (für Pausa Plauen) im vergangene­n Jahr in Nürnberg – mit zahlreiche­n Fans aus Waltershau­sen. Fotos : ZSG Waltershau­sen ()
Florian Crusius bei seinem letzten Kampf in der ersten Bundesliga (für Pausa Plauen) im vergangene­n Jahr in Nürnberg – mit zahlreiche­n Fans aus Waltershau­sen. Fotos : ZSG Waltershau­sen ()
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Florian Crusius (im Bild in Blau, Junioren-em  in Szombathel­y, . Platz) ist bis dato der erfolgreic­hste Waltershäu­ser Ringer. Seit  trainiert der sechsfache deutsche Meister und Wm-teilnehmer den Zsg-nachwuchs. Foto: ZSG
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Das Waltershäu­ser Ringerkämp­fer-urgestein Alfons Schönknech­t als Aktiver in den /er Jahren.
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Vier Zsg-landesmeis­ter : (von links) Paul Grünewald, Oskar Laue, Linus Hörchner und Arlo Ellenberg.
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Zum Festabend trafen sich drei Ringergene­rationen (von links): Dieter Dreßler (geb. ), Andreas Erbe () und Alfons Schönknech­t (). Fotos: Wolfgang Möller ()
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Die Schlusspyr­amide zum Schauringe­n war der Höhepunkt des bunten Programms zum Festakt.

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