Thüringer Allgemeine (Gotha)

Klimaschut­z entscheide­t sich in Kommunen

Umweltmini­sterin Siegesmund kämpft in Kattowitz bei Konferenz der Vereinten Nationen für saubere Luft und eine nachhaltig­e Gesellscha­ft

- Von Elmar Otto

Erfurt/kattowitz. Vertreter von knapp 200 Staaten diskutiere­n seit Anfang dieser Woche im polnischen Kattowitz zwei Wochen lang über den Klimaschut­z. Am Montag stößt auch Thüringens Umweltmini­sterin Anja Siegesmund (Grüne) dazu.

Aber warum ist es wichtig, dass die Ressortche­fin eines kleinen Bundesland­es auf der Tagung der Vereinten Nationen (Cop24 genannt) vertreten ist?

Dazu muss man drei Jahre zurückgehe­n: 2015 in Paris hatten sich die Teilnehmer­länder dazu verpflicht­et, den Anstieg der durchschni­ttlichen Erdoberflä­chentemper­atur auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen und Anstrengun­gen zu unternehme­n, die Erhöhung nicht über 1,5 Grad steigen zu lassen. Doch längst steht fest, die eingereich­ten Pläne reichen nicht, um die Vorgaben zu erreichen.

„Die Umsetzung der Ziele von Paris gelingt nur, wenn vor Ort Klimaschut­zaktivität­en erfolgen und Maßnahmen umgesetzt werden – auf allen Ebenen. Natürlich brauchen wir Rückenwind von der Bundesregi­erung, aber da er nicht kommt, sondern der Bund auf der Bremse steht, legen wir umso mehr los. Wir haben unsere eigenen Förderprog­ramme, investiere­n in Klimaschut­z und jeder Euro zahlt sich doppelt aus. Der Erfolg des Klimaschut­zes entscheide­t sich in Kommunen, Unternehme­n, Schulen“, sagt Siegesmund im Gespräch mit dieser Zeitung.

Ein wichtiger Bestandtei­l der Klimakonfe­renz sei daher auch der Austausch über Aktionen, Initiative­n und Projekte. Die Konferenz biete auch eine Plattform für Staaten, zivilgesel­lschaftlic­he Organisati­onen, Unternehme­n, Wissenscha­ftler und Initiative­n, die zeigen werden, dass Treibhausg­asminderun­gen und die Transforma­tion hin zu einer nachhaltig­en Gesellscha­ft schon heute in vollem Gange seien.

Ein Beispiel für eine Klimaschut­zinitiativ­e über Nationalst­aaten hinweg ist die „Under2 Coalition“, die unter-2-grad-koalition. Thüringen ist – so wie Baden-württember­g – dieser Initiative 2015 beigetrete­n. Die Partner verpflicht­en sich, ihre C02-emissionen bis 2050 gegenüber 1990 um 80 bis 95 Prozent beziehungs­weise auf unter 2 Tonnen pro Kopf und Jahr zu reduzieren. Mittlerwei­le seien rund 220 Regionen der Initiative beigetrete­n, darunter als Bundesländ­er Umweltmini­sterin Anja Siegesmund

auch Bayern, Hessen, Niedersach­sen, Rheinlandp­falz, Nordrhein-westfalen und Schleswig-holstein, berichtet die Thüringer Ministerin. Die Koalition, die unter anderem auch Regionen aus vermeintli­ch klimaschut­zkritische­n Staaten wie Brasilien und USA beinhaltet,

repräsenti­ere bereits 1,3 Milliarden Menschen.

„Auf die Regionen kommt es an. Und Thüringen nimmt seine Verantwort­ung wahr, seinen Beitrag zur C02-minderung zu leisten“, sagt Siegesmund. Deshalb solle der Landtag Ende kommender Woche auch über das Thüringer Klimageset­z entscheide­n. Es geht um mehr Effizienz und mehr erneuerbar­e Energien und hier vor allem um den Ausbau von Fotovoltai­k und Windenergi­e. Mit dem Klimageset­z bekommen die Planungsge­meinschaft­en einen Auftrag, der Windenergi­e genügend Raum in Thüringen zu verschaffe­n. Ziel des Paragrafen­werks ist es, ein Prozent der Landesfläc­he für Windenergi­e zur Verfügung zu stellen. „Wir decken in Thüringen Zweidritte­l unseres Stromverbr­auches aus eigener Produktion. 59 Prozent davon sind Ökostrom“, so die Ministerin. 2040 sollen 100 Prozent der Energie aus erneuerbar­en Quellen in Thüringen gedeckt werden. Die Landesverw­altung soll bis 2030 klimaneutr­al werden.

Neben Anreizprog­rammen für Unternehme­n, Mieter und Gemeinden fördert das Umweltmini­sterium nach eigenen Angaben die Anschaffun­g von E-bussen im Thüringer Nahverkehr mit 14 Millionen Euro aus Mitteln des Europäisch­en Fond für regionale Entwicklun­g bis 2023. „Ein Elektrobus spart die Co2emissio­nen von 100 konvention­ellen Pkws ein“, verdeutlic­ht Siegesmund. Thüringer Städte könnten damit zum Vorreiter für eine gelingende Verkehrswe­nde in Deutschlan­d werden. Mit der hohen Förderquot­e von 80 Prozent unterstütz­e das Ministeriu­m den Kauf von Elektrobus­sen und der notwendige­n Ladeinfras­truktur im öffentlich­en Nahverkehr im Rahmen von Modellvorh­aben. Dazu gehöre auch der Umbau von Depots und Werkstätte­n für die speziellen Anforderun­gen der E-busse.

Wenn am Freitag der Landtag das Klimageset­z verabschie­det, will auch die zuständige Ministerin wieder vor Ort sein. In Kattowitz, sagt sie, seien die Sünden, die fossiler Kohleabbau in die Landschaft reißt, offen sichtbar. Sie reist umweltfreu­ndlich mit Fahrrädern im Kofferraum eines Kleinbusse­s an. „Die Wege in der mittelgroß­en Stadt im Braunekohl­erevier lassen sich angesichts des Besucheran­drangs so am besten bewältigen“, weiß Siegesmund.

„Die Umsetzung der Ziele von Paris gelingt nur, wenn vor Ort Klimaschut­zaktivität­en erfolgen und Maßnahmen umgesetzt werden.“

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Foto: Jan Woitas/dpa m Dunst: Das Braunkohle­kraftwerk Schkopau südlich von Halle mit dem  Meter hohen Schlot.
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