CDU bleibt auf Mitte-kurs
Jörg Quoos über die Wahl der neuen Cdu-chefin
Was haben Annegret Kramp-karrenbauer und Angela Merkel gemeinsam? Sie wurden beide gewaltig unterschätzt. Vor 18 Jahren rechneten wenige in der CDU damit, dass sich die ostdeutsche Protestantin lange an der Parteispitze würde halten können. Diesmal hat „AKK“alle überrascht. Auch mit einer spielentscheidenden Rede, die kämpferisch und persönlich zugleich war. Sie hat sich gegen Friedrich Merz durchgesetzt. Gegen das politische Alphatier aus den alten Cdu-zeiten, dem in Regionalkonferenzen und Leitmedien die Herzen nur so zuflogen. Ausgerechnet ihm, dem rhetorischen Talent, fehlte im wichtigsten Moment die Kraft zur ganz großen Rede.
Annegret Kramp-karrenbauer hat sich mit kluger Zurückhaltung und beharrlicher Sacharbeit im Merkel-style durchgesetzt. Sie ging volles Risiko, als sie für die Parteikarriere das Amt der Ministerpräsidentin niederlegte. Ihr Mut wurde jetzt belohnt. Dabei wird die 56-Jährige mit der Wahl zur Cdu-chefin noch nicht einmal auf dem Höhepunkt ihrer Karriere sein. Sie hat jetzt beste Chancen, die zweite Kanzlerin der Bundesrepublik zu werden. Wer jetzt noch Kanzlerkandidat der Union werden will, geht mit Handicap als Seiteneinsteiger ins Rennen.
Auf die neue Vorsitzende kommt viel Arbeit zu. Sie muss auch die Merz-fans von sich überzeugen, damit aus dem urdemokratischen Akt nicht ein Rohrkrepierer wird und sich dauerhaft Partei-lager bilden.
Auch auf die jungen Anhänger von Jens Spahn wird „AKK“zugehen müssen. Besonders seine Generation stellt Zukunftsfragen, die beantwortet werden müssen. Zur wirtschaftlichen Entwicklung, zur Umwelt, der weltweiten Sicherheit und zur Digitalisierung, die alle Bürger immer stärker betrifft. Denn eines steht fest: Die Welt wird sich in den kommenden Jahren schneller und fundamentaler verändern als die CDU gestern in Hamburg.