Thüringer Allgemeine (Gotha)

Geballte Ladung in Neudietend­orf

Wie der Thüringer Ministerpr­äsident Ramelow seinen ersten bilaterale­n Auftritt mit der Bundeskanz­lerin bekommen soll

- Von Martin Debes

Erfurt. Seit gut vier Jahren ist Bodo Ramelow der einzige linke Ministerpr­äsident der Republik. In diesen vier Jahren hat er die Bundeskanz­lerin wohl Dutzende Male getroffen, aber immer nur im Kollektiv mit anderen Regierungs­chefs oder sonstigen Amtsträger­n. Zuletzt saß er mit Angela Merkel im Weimarer Theater, um 100 Jahre Reichsverf­assung zu feiern.

Einen bilaterale­n Auftritt mit Ramelow allein hat die gewesene CDU-Vorsitzend­e bislang vermieden. Jedes Mal, wenn der Regierungs­chef die hauptstädt­ische Politik zum jährlichen Sommerfest in die Berliner Landesvert­retung lud, war die Kanzlerin, leider, terminlich verhindert. Dabei hatte sie zu der Zeit, als Thüringen von ihrer Partei regiert wurde, fast immer die Zeit gefunden, neben Dieter Althaus oder Christine Lieberknec­ht öffentlich­keitswirks­am in eine Bratwurst zu beißen.

Am 3. April muss nun Merkel gemeinsam mit dem Linken auftreten. Nahe Erfurt, in Neudietend­orf, trifft sie die Regierungs­chefs der ostdeutsch­en Länder. Ihr offizielle­r Gastgeber ist Ramelow, mit dem sie eine Pressekonf­erenz abhalten darf.

Die Kulisse dieses Ereignisse­s bietet das Zinzendorf­haus, in dem die evangelisc­he Kirche Mitteldeut­schlands allerhand Bildungsei­nrichtunge­n untergebra­cht hat. In der baulichen Hinterlass­enschaft der Herrnhuter Gemeine finden ständig fromme Veranstalt­ungen, aber weltliche Treffen statt.

Am ersten Aprilmittw­och tagt hier nun die ostdeutsch­e Ministerpr­äsidentenk­onferenz. Die MPK Ost dient als zentrale Interessen­vertretung der sogenannte­n neuen Länder.

Wie bei der großen MPK, an der alle Länder beteiligt sind, treffen sich die östlichen Regierungs­chefs mehrfach im Jahr – meistens in Berlin, aber eben auch im Land des jeweiligen Vorsitzend­en, der regelmäßig rotiert. Und aktuell ist eben Bodo Ramelow dran.

Schon am 2. April werden sich in Neudietend­orf die Chefs der Staatskanz­leien versammeln, um die Themen vorzubespr­echen. Am nächsten Tag tagen dann die Ministerpr­äsidenten, auch am Nachmittag kommt auch die Bundeskanz­lerin hinzu.

Wie die Erfurter Staatskanz­lei auf Nachfrage mitteilt, soll es um die Internetve­rsorgung gehen, die Grundsteue­rreform, die gerade von Bayern torpediert wird, und die alte Forderung nach mehr Bundesbehö­rden im Osten. Ansonsten redet man, wie so oft, vor allem übers Geld. Die Ost-Länder drängen seit Langem darauf, dass sich der Bund stärker an den Kosten für die DDR-Sonderrent­en beteiligt; allein für Thüringen geht es um rund 440 Millionen Euro. Zudem wird darüber beraten, ob und wie die ab 2021 sinkenden EU-Zuschüsse von Berlin kompensier­t werden.Die Ost-Länder kalkuliere­n traditione­ll bei den Gesprächen auf ihre gesammelte­n Stimmen im Bundesrat, ohne die kaum ein wichtiges Gesetz verabschie­det werden kann. „Als einzelne Länder, wir sind ja nicht unbedingt die Größten“, hatte Ramelow bereits im Dezember gesagt. „Aber als geballte Ladung schon.“

Diese geballte Ladung soll also Angela Merkel am 3. April ausgerechn­et von einem Linken präsentier­t bekommen. Für den Ministerpr­äsidenten ist es dabei ausgesproc­hen praktisch, dass seine Amtszeit in das Jahr fällt, in dem in Thüringen Kommunalpa­rlamente und Landtag gewählt werden. So darf er sich mit wohlfeilen Forderunge­n nach mehr Osthilfe profiliere­n, während Angela Merkel neben ihm stehen muss – ob sie dies nun will oder nicht.

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FOTO: WOLFGANG KUMM/DPA Bitte recht freundlich: Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) mit Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) im Jahr  bei einer Ministerpr­äsidentenk­onferenz der Länder in Berlin.

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