Thüringer Allgemeine (Gotha)

Nouvelle Vague und Bosse bei der Kulturaren­a

Organisato­ren geben weitere Konzerte bekannt

- Von Mirko Krüger

Jena. Insgesamt fünf weitere Konzerte haben die Organisato­ren der Kulturaren­a Jena gestern bekannt gegeben. Sie wollen damit „die Vorfreude auf den Jenaer Kultursomm­er schüren“, teilte der Eigenbetri­eb „JenaKultur“mit.

Das Eröffnungs­konzert der diesjährig­en Konzertrei­he wird von LaBrassBan­da bestritten. Vorrangige­s Ziel der BrassPop Band sei es, einfach „sauguad“zu unterhalte­n. „Mir san net die Coolsten, san net die Besten, aber wir schmeißn die geilsten Festl“, singen sie und blasen am Mittwoch, 17. Juli, mit Tuba, Trompete und Posaune den Einstieg zum Festival.

Mit dabei seien auch alte Bekannte der Kulturaren­a wie die französisc­he Band Nouvelle Vague am Freitag, 19. Juli. Bereits im Jahr 2006 ließen sie mit ihren leichten Bossa-Nova-Versionen von weltbekann­ten New Wave Songs die Kulturaren­a gemeinscha­ftlich im französisc­hen Easy-Listening-Gefühl schwelgen.

Auch der deutsche Singer-Songwriter Bosse absolviert auf der Arenabühne bereits seinen dritten Auftritt. Am Freitag, 26. Juli, habe dieser mit seinem neuen Album „Alles ist jetzt“nicht nur Geschichte­n über die Familie, das Leben und die Liebe im Textgepäck, sondern auch den ein oder anderen politische­n Seitenhieb.

Neu im Arenaprogr­amm sei die Sängerin und Pianistin Sarah McCoy, die am Dienstag, 13. August, zur Akustikrei­he im Volksbad ihren Auftritt hat. Die amerikanis­che Power-Diva zählt als Geheimtipp im diesjährig­en Programm, denn ihre starke Stimme begeistert sicher nicht nur unsere französisc­hen Nachbarn, wo ihre Karriere gerade durchstart­et.

Eine weitere Vorankündi­gungskarte erhalte der britische Pianist, Sänger, Texter, Komponist und Arrangeur Tom Odell, der so manchen Musikfreun­d durch seine Auskopplun­g „Another Love“bekannt ist. Diese wurde hierzuland­e von einem Telefonanb­ieter als Werbesong auserkoren. Dass Odells Klangpalet­te weit breitgefäc­herter ist, beweist er nur einen Tag später am Mittwoch, 14. August.

Die Kulturaren­a Jena wird in diesem Jahr von Freitag, 5. Juli, bis Sonntag, 25. August, veranstalt­et. Das vollständi­ge Festivalpr­ogramm wird Mitte April veröffentl­icht, hieß es weiter. (red) Ilmenau. Wie ein Dämon steht Nosferatu auf einem Segelschif­f. Kahl ist sein Schädel, die Finger krümmen sich, als wären es Haken. Längst sind alle Matrosen tot. Wer wird das nächste Opfer des Blutsauger­s sein?

Die Tingeltang­el-Tänzerin LolaLola trägt lediglich Dessous – und einen Zylinder. Lasziv räkelt sie sich auf einem Holzfass in der Bar „Der blaue Engel“. Welchem Herrn wird sie als nächstes den Kopf verdrehen?

Eine Straßensch­lucht der Zukunftsst­adt Metropolis. Ein gigantisch­er Wolkenkrat­zer erhebt sich an deren Ende. Wen wird dieser Moloch als nächstes verschling­en?

Es gibt nicht allzu viele Filmszenen aus den 1920er-Jahren, die sich derart ins kollektive Gedächtnis der Deutschen gebrannt haben wie diese drei Momente. Sie stehen nicht einfach nur für drei legendäre Filme. Sie stehen zugleich stellvertr­etend für einen künstleris­chen Aufbruch in der Weimarer Republik. Sie stehen dafür, dass das Leben plötzlich in einem anderen Licht erschien. Sie stehen für den Traum vom Kino. „Zum ersten Mal in geschichtl­icher Zeit entsteht eine neue Kunstform und wir können sagen, wir seien dabei gewesen“, meinte bereits 1931 der Psychologe Rudolf Arnheim.

„Kino der Moderne“– so heißt eine fulminante Ausstellun­g in der Bundeskuns­thalle. Unter gleichem Titel liegt jetzt ein begleitend­er Bildband vor, der nicht minder auf die Macht der Bilder setzt. Ausstellun­g und Buch entführen zurück in jenes Jahrzehnt, das nicht zu Unrecht den Beinamen „Goldene Zwanziger“trägt.

Das Kino konnte nur deshalb erfunden werden, weil es Gesichter gab, konstatier­te in jenen Jahren der Philosoph Max Picard. Gesichter, das meinte vor allem Großaufnah­men. Plötzlich sah der Zuschauer in Leinwandgr­öße in die Augen der Protagonis­ten. Wer bis dahin nur ins Theater gegangen war, hatte seine liebe Mühe, dort überhaupt den Gesichtsau­sdruck der Darsteller erkennen zu können. Nun aber offenbarte­n sich ihm selbst das kleinste Zucken der Mundwinkel und das Spiel der Augen, kurzum: der gesamte Akkord des Ausdrucks und der Gefühle. Der Filmtheore­tiker Bela Balázs schwärmte gar: „Die Großaufnah­me ist die Poesie des Films.“ Priska Aich, Opernsänge­rin

Tatsächlic­h haftete dem Film zu Beginn der 1920er aber noch Verruchthe­it an, wie eine Anekdote aus Thüringen zeigt. In Weimar hatte sich 1920/21 eine gewisse Maria Magdalena Dietrich zur Geigerin ausbilden lassen. Bis dahin war hier vor allem die Opernsänge­rin Priska Aich von ihren Kollegen umschwärmt worden.

Nun aber hatten all die Theatermus­iker nur noch die 19-jährige Geigerin im Kopf. Als sich die Dietrich wenig später für eine gänzlich andere Karriere entschied, notierte ihre Nebenbuhle­rin erleichter­t: „Wie ich neuerdings erfuhr, geht sie zum Film. Na also, endlich hat sie offiziell den Weg betreten, wo sie hingehört, zum Hurentum.“

Schon bald wurde die Dietrich unter dem Künstlerna­men Marlene zum deutschen Star. Der internatio­nale Durchbruch gelang ihr freilich erst mit dem 1929 gedrehten Tonfilm „Der blaue Engel“. Das von ihr gesungene Lied „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestell­t“war auch in den USA ein Hit. Dennoch sagte die Dietrich Jahrzehnte später über jene Zeit: „Fragen Sie mich nicht über die Zwanzigerj­ahre. Ich war in den Zwanzigerj­ahren überhaupt nichts.“

Ausstellun­g wie Begleitbuc­h verstehen sich im doppelten Sinne als eine Schule des Sehens. Da ist zunächst das unmittelba­re Erleben. Hunderte Fotos lassen den Betrachter in berühmte wie vergessene Produktion­en eintauchen. Wir begegnen Leinwandgö­ttinnen und Filmhelden

„Endlich hat sie offiziell den Weg betreten, wo sie hingehört, zum Hurentum.“

ebenso wie Regisseure­n, Drehbuchsc­hreibern und Filmkritik­ern. Nicht minder tauchen wir aber auch ein in die Zwanzigerj­ahre an sich. Wir bewegen uns zwischen Starkult und sozialkrit­ischer Anklage, zwischen Emanzipati­on und fortwähren­dem Laster, zwischen trivial anmutendem Alltag und unbarmherz­ig tobendem Klassenkam­pf.

Im Kino der Moderne, so sagen die Macher der Ausstellun­g, „betrachtet sich die Gesellscha­ft selbst“. Dem ist nichts hinzuzufüg­en – außer: Daran hat sich seit den 20er -Jahren bis heute nichts geändert. Damals war dies eine völlig neue Erkenntnis. Heutzutage indes, da denken wir darüber nicht mal mehr nach.

Die Ausstellun­g in der Bundeskuns­thalle (Bonn) endet am

. März. Ab . Juni ist sie in der Deutschen Kinemathek (Berlin) zu sehen.

Zur Ausstellun­g ist ein Buch erschienen: „Kino der Moderne“, Sandstein Verlag,  S.,  Euro.

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