Thüringer Allgemeine (Gotha)

„Kaum jemand hat sich für das Thema Doping interessie­rt“

Thomas Hutt leitet seit 2001 in Thüringen eine unabhängig­e Expertenko­mmission zur Bekämpfung von Doping. Sie existiert bis heute – hat aber lange nicht mehr getagt

- Von Kai Mudra

Erfurt. Thomas Hutt wundern die Dopingermi­ttlungen gegen einen Erfurter Sportmediz­iner nicht. Der frühere Generallan­desanwalt wurde 2001 vom damaligen Gesundheit­sminister Frank Michael Pietzsch (CDU) zum Leiter einer „Unabhängig­en Expertenko­mmission zur Bekämpfung von Doping, Drogen und Medikament­enmissbrau­ch im Sport“ernannt. Er hatte Sporterfah­rung als Vorsitzend­er des Rechtsauss­chusses beim Thüringer Leichtathl­etikverban­d.

„Kaum jemand hat sich für das Thema Doping interessie­rt“, resümierte er gestern im Gespräch mit der Thüringer Allgemeine­n. Ambitionie­rt klingt der Kommission­sname. Doch dem Gremium fehlte in Thüringen der Rückhalt der Politik. Gerade einmal ein Zertifikat wurde vergeben, an ein Thüringer Fitnessstu­dio, das sich verpflicht­et hatte, gegen Doping und Medikament­enmissbrau­ch auch im Breitenspo­rt aktiv vorzugehen. Die Kommission habe sich halbjährli­ch getroffen und Vorhaben besprochen, erzählt Thomas Hutt. Eine ihrer Hauptaufga­ben sah die Kommission damals in der Aufklärung. Genau aus diesem Grund sei 2003 auch die Thüringer Antidoping-Beratungss­telle gegründet worden, ergänzt er. Diese Beratungss­telle sollte Broschüren und Informatio­nsmaterial­ien erstellen, aber auch anonyme Anfragen beantworte­n, erklärte Hutt 2007 in einem Interview mit dieser Zeitung.

Trotzdem erfahren die Thüringer kaum etwas von der Kommission­sarbeit und der Antidoping-Beratungss­telle, die einige Jahre lang ihre Aufgabe erfüllte. Die Einrichtun­g an der Friedrich-Schiller-Universitä­t Jena erhielt nach der Gründung 2003 drei Jahre lang Landesunte­rstützung. Der Freistaat zahlte insgesamt 227.500 Euro, sagte Frank Schenker, Sprecher des heutigen Sport- und Bildungsmi­nisteriums. Danach sollte die Beratungss­telle über sogenannte Drittmitte­l werden.

Doch das Vorhaben scheiterte weitgehend. „Es gab kaum Nachfragen vonseiten der Institutio­nen, Personen und der Öffentlich­keit an die Beratungss­telle“, erklärte gestern Universitä­tssprecher Axel Burchardt. Seit 2011 hätten die Ressourcen und die finanziell­e Unterstütz­ung für die Arbeit gefehlt. Seit einigen Jahren habe die Beratungss­telle „nur noch vom persönlich­en Einsatz des Leiters“gelebt. Doch Professor Holger Gabriel legte im Vorjahr die Leitung nieder.

Die Thüringer Antidoping-Beratungss­telle habe ihre Arbeit 2018 eingestell­t, räumte Axel Burchardt gegenüber der Thüringer Allgemeine­n ein. Die dazugehöri­ge weiter finanziert Internetse­ite ist seit gestern nicht mehr erreichbar.

Thomas Hutt ist formal noch immer Vorsitzend­er der Antidoping-Expertenko­mmission. Sie wurde nie aufgelöst. Aber nachdem Minister Pietzsch aus dem Amt ausgeschie­den sei, habe das Gremium nicht mehr getagt. Unter dessen Nachfolger­n im Ministeram­t sei das Interesse an der Kommission und dem Thema Doping geschwunde­n, erzählt Hutt.

Und tatsächlic­h verlässt sich das Land Thüringen derzeit bei seiner Doping-Prävention auf den Landesspor­tbund und die Nationale Antidoping-Agentur (Nada). Es gebe keine Planung für eine durch den Feristaat geförderte Beratungss­telle, betonte Frank Schenker.

Beratungss­telle wurde 2018 eingestell­t

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ARCHIV-FOTO: SUSANN FROMM Thomas Hutt führt seit  die unabhängig­e Antidoping-Expertenko­mmission.

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