Scholz und die gebrochenen Versprechen
In den Plänen für den Haushalt übergeht der Finanzminister internationale Verabredungen der Bundesregierung – es ist nicht die einzige Kritik
Berlin. In dem mehr als 100 Seiten dicken Dokument mit den wichtigsten Zahlen zum Bundeshaushalt, das Olaf Scholz am Montag an die Bundeskanzlerin und seine Kollegen verschickte, weist der Bundesfinanzminister gleich an mehreren Stellen auf Risiken hin. In den nächsten Monaten „können Anpassungen dieser grundsätzlich verbindlichen Haushaltseckwerte notwendig werden“, heißt es gleich auf der zweiten Seite. Zu den Unsicherheiten, die Korrekturen am Haushalt nötig machen könnten, zähle die Steuerschätzung im Mai.
Was der SPD-Politiker damit deutlich machen will: Noch sind die Zahlen für den Haushalt nicht in Stein gemeißelt. Schwächelt die Konjunktur weiter, muss Scholz den Rotstift ansetzen. Gleich mehrfach taucht dieser Hinweis in den Eckpunkten zum Haushalt auf, die Scholz an diesem Mittwoch vom Kabinett beschließen lassen will.
Genug Aufregung hat der oberste Kassenwart mit seinem Entwurf schon jetzt verursacht. Indem er zum Teil international verabredete Ausgabensteigerungen – etwa beim Wehretat – infrage stellt, ist Scholz nicht nur Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ordentlich auf die Füße getreten. Auch Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) ist unzufrieden mit dem Geld, das er bekommen soll. Mittlerweile sind auch so gut wie alle Ministerpräsidenten auf der Palme, weil Scholz ihnen weniger als bisher bei der Integration von Flüchtlingen unter die Arme greifen will.
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) wirft Scholz vor, damit den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu gefährden. „Der Bundesfinanzminister macht es sich einfach, wenn er seine Haushaltsprobleme auf dem Rücken der Länder und vieler hoch verschuldeter Kommunen zu lösen versucht“, sagte Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) unserer Redaktion. „So darf sich der Bundesfinanzminister nicht aus der Verantwortung stehlen.“Auch Scholz’ Parteifreundin Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin in Mecklenburg-Vorpommern, beschwert sich. Die Liste der angeblich gebrochenen Versprechen und heiklen Kürzungspläne im Überblick: Unterbringung der Flüchtlinge bei. 2017 waren es 6,6 Milliarden Euro. Der Bund zahlte den Ländern eine Pauschale von 670 Euro für die Unterbringung und Versorgung jedes abgelehnten Flüchtlings, dazu weitere Pauschalen. Diese Regelungen laufen Ende dieses Jahres aus. Dagegen protestieren die Bundesländer und Städte. nur weniger Geld bekommt als geplant und gefordert, sondern wirklich verzichten muss, ist das Ressort von Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU). Fast eine Milliarde muss sie einsparen – bei Gesamtausgaben von derzeit gut 18 Milliarden Euro. Dabei betonen alle Vertreter der Koalition immer wieder, wie wichtig Ausgaben für Bildung und Forschung sind.