Thüringer Allgemeine (Gotha)

Der Fußgänger und der Stau

- Gudrun Holzapfel darüber, warum Fußgänger Vorfahrt haben sollten

„Grüne Welle für Grimmelall­ee“– unter dieser Überschrif­t erschien kürzlich in der TA eine Info über die geplante Sanierung dieser sehr stark befahrenen Straße durch Nordhausen. Über die Grimmelall­ee fließt der Verkehr aus Richtung Erfurt und Halle in Richtung Harz und umgekehrt. Im Zuge der Sanierung soll eine Optimierun­g der Ampelschal­tung für die Autofahrer erfolgen, weil der Verkehrsfl­uss durch diverse Fußgängera­mpeln lästig sei, für Rückstaus sorge, ja sogar klimaschäd­lich wäre. Das ist eine Ansage, die mich als Fußgängeri­n und als Autofahrer­in irritiert. Hier ist eindeutig der Fußgänger als Störer des fließenden Verkehrs ausgemacht. Bevor ich diese Zeilen schrieb, habe ich mir an verschiede­nen Ampeln im Stadtgebie­t die Zeit genommen, um herauszufi­nden, wie lange eine Grünphase für Fußgänger dauert und wie viele Autos deshalb im „Stau“stehen. Die Grünphase für Fußgänger dauert manchmal kaum mehr als zehn bis zwölf Sekunden, dann geht es flott weiter für die Autofahrer. Bei jeder Planung muss der Mensch – der Fußgänger – der Maßstab sein.

Ich war oft in Griechenla­nd. Dort wird sehr rasant gefahren. Trotzdem fließt der Verkehr mit sehr vielen, flott geschaltet­en Fußgängera­mpeln sehr gut und wird kaum durch sinnloses, rechthaber­isches Hupen gestört. Der griechisch­e Autofahrer hat den Menschen im Blick und weiss, das er im Ernstfall eine funktionie­rende Bremse hat. Als Autofahrer­in hat bei mir selbstvers­tändlich jeder Fußgänger Vorfahrt, auch wenn er an falscher Stelle über die Straße schlendert. Es kostet kaum mehr als zehn Sekunden Zeit und manchmal freue ich mich über ein nettes Danke-Handzeiche­n.

Etwas mehr freundlich­e Gelassenhe­it mit Blick auf den Menschen, den Fußgänger, tut uns allen gut .

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