Fünfter Thüringer Beschuldigter im Doping-Skandal festgenommen
Münchner Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen gegen 21 Athleten aus acht Nationen wegen Blutdopings
Erfurt/München. Der Blutdoping-Skandal, in den der Erfurter Sportmediziner Mark Schmidt verwickelt ist, hat sich deutlich ausgeweitet. Am Montag wurde in Erfurt ein fünfter Beschuldigter verhaftet, wie Oberstaatsanwalt Kai Gräber am Mittwoch in München sagte. Aktuell sitzt der 38-Jährige in Suhl-Goldlauter in Untersuchungshaft. Er soll Blutbeutel transportiert, aber auch Transfusionen vorgenommen haben. Laut Staatsanwaltschaft fehlten ihm dafür allerdings die medizinischen Kenntnisse.
Damit sitzen derzeit vier der fünf Thüringer Beschuldigten in Deutschland in Untersuchungshaft. Eine 48-jährige Frau aus Erfurt befindet sich noch in Österreich in Auslieferungshaft. Sie hatte Beschwerde gegen ihre Auslieferung eingelegt. Der mit ihr am 27. Februar während der nordischen Ski-WM im österreichischen Seefeld mit festgenommene Mann wurde vergangenen Freitag nach München überführt.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft haben die Münchner Ermittler bisher den Erfurter Sportmediziner vernommen. Offenbar hat er Aussagen gemacht. Gräber wollte sich gestern aber nicht dazu äußern, ob es „voll umfängliche Angaben“waren, wie der Verteidiger des Arztes angekündigt hatte.
Die Münchner SchwerpunktStaatsanwaltschaft zur Dopingbekämpfung führt in dem Verfahren inzwischen 21 verdächtige Athleten aus acht Ländern. Ob auch deutsche Spitzensportler unter ihnen sind, wollten die Ermittler nicht sagen, da die betroffenen Athleten noch nicht über die Verfahren gegen sie informiert seien.
Auch ob noch weitere Verdächtige dazukommen, konnten die Ermittler gestern nicht sagen. Bisher sind unter anderem die Namen derjenigen noch nicht bekannt, deren Blutbeutel bei einer Razzia Ende Februar in einer Erfurter Garage sichergestellt wurden. Die circa 40 Beutel seien codiert gewesen. Kai Gräber zeigte sich gestern aber optimistisch, die Namen der Blutspender zu entschlüsseln.
Die Beschuldigten sollen bei ihren Aktivitäten konspirativ vorgegangen sein. Die Ermittler kamen ihnen nach einem ARDFernsehbeitrag Mitte Januar unter anderem durch das Belauschen von Telefongesprächen und durch Observierungen auf die Spur.
Deshalb konnten sie in Seefeld auch einen Sportler direkt beim Blutdoping erwischen.
Nach Angaben der Münchner Staatsanwaltschaft wird das Verfahren noch einige Wochen andauern. Offenbar haben die Ermittler aber Belege oder Zeugenaussagen dafür, dass zwei der Beschuldigten bei den Olympischen Winderspielen 2018 in Südkorea gewesen sein sollen, um Athleten Blutdoping zu verabreichen.
Den Beschuldigten drohen Freiheitsstrafen zwischen einem Jahr und zehn Jahren.
Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) forderte gestern erneut eine Kronzeugenregelung für Sportler, die von sich aus Dopingpraktiken offenlegen. Ihnen müsse eine „goldene Brücke“gebaut werden.
Ins Rollen brachten die Ermittlungen Aussagen des österreichischen Ski-Langläufers Johannes Dürr.