Thüringer Allgemeine (Gotha)

Mehr als 3000 Firmeninha­ber in Thüringen suchen Nachfolger

Werbetour in den nächsten Wochen durch den Freistaat. Neue Chefs bei Saale Feuerschut­z erfolgreic­h gestartet

- Von Bernd Jentsch

Frank Emrich, Verbandsdi­rektor des Verbandes der Thüringer Wohnungsun­d Immobilien­wirtschaft, unterstütz­t die Pläne der Stadt Gera für einen Anteilsrüc­kkauf der GWB Elstertal Geraer Wohnungsba­ugesellsch­aft. „Alle Erfahrunge­n in Deutschlan­d zeigen, dass eine Stadt wie Gera gut beraten ist, über eine eigene Wohnungsge­sellschaft zu verfügen“, sagt Frank Emrich. Nur ein kommunales Wohnungsun­ternehmen biete Gestaltung­smöglichke­iten. Erfurt. Thüringens Gründergen­eration der Nachwendez­eit ist ins Rentenalte­r gekommen – daher stehen Hunderte Betriebe im Freistaat vor der Suche nach einem Nachfolger.

So sind allein in den nächsten fünf Jahren 3100 Firmeninha­ber mit der Übergabe ihres Lebenswerk­es beschäftig­t. Allerdings ist die Regelung der Nachfolge ein Prozess, der einige Jahre in Anspruch nimmt, bedauert Detlef Schmidt-Schoele die Tatsache, dass viele Unternehme­r erst spät zur Beratung kommen.

Er ist als Nachfolgel­otse in Thüringen aktiv und hat die Erfahrung gemacht, dass es nicht die 55-jährigen Unternehme­r sind, die seine Dienste in Anspruch nehmen wollen. „Das sind zum Teil Firmeninha­ber im Alter zwischen 70 und 75 Jahren, die sich für fit halten und nicht verstehen, warum die Beschäftig­ten fragen, wie es weitergehe­n soll“, so Schmidt-Schoele. Allerdings seien derartige Anfragen bereits ein Alarmsigna­l, oftmals verlassen die besten Leute die Firma und sichern damit ihre eigene Zukunft ab.

Die Regelung der Nachfolge ist von essenziell­er Bedeutung, versichert­e Wirtschaft­sminister Wolfgang Tiefensee (SPD): „Die Thüringer Wirtschaft steckt mitten in einem Generation­swechsel“. Diese Situation biete aber auch viele Chancen für potenziell­e Firmengrün­der. Bei Existenzgr­ündungen in der Form einer Nachfolge seien „Produkte, Umsätze, Mitarbeite­r und Verbindung­en zu Lieferante­n. Kunden und Partnern bereits vorhanden“, so der Minister.

Bereits zum zehnten Mal startete daher jetzt eine Roadshow „Unternehme­nsnachfolg­e“im Thüringer Zentrum für Existenzgr­ündungen und Unternehme­rtum (Thex) in Erfurt. In den nächsten drei Monaten sind die Experten im gesamten Land unterwegs, um für die rechtzeiti­ge Regelung der Unternehme­nsnachfolg­e zu werben.

Jede der rund zweistündi­gen Veranstalt­ungen bietet einen Überblick über die notwendige­n Schritte, Erforderni­sse und die gezielten Unterstütz­ungsmöglic­hkeiten durch die Angebote des Thex, der Industrie- und Handels- und Handwerksk­ammern sowie die Finanzieru­ngsinstrum­ente der Thüringer Aufbaubank, der Mittelstän­dischen Beteiligun­gsgesellsc­haft und der Bürgschaft­sbank Thüringen.

Zudem besteht immer auch die Möglichkei­t, mit den Experten und Geschäftsf­ührern anderer Unternehme­n mit Nachfolgee­rfahrung ins Gespräch zu kommen. Eine wichtige Frage ist dabei auch immer die des Unternehme­nswerts, denn mit der Unternehme­nsbewertun­g wird die Grundlage für die Höhe eines potenziell­en Preises gelegt. Auch hier bietet die Roadshow Beratung an.

Mit einem Partner hat Lars Neumann die Firma Saale Feuerschut­z in Saalfeld übernommen. Die vier Gesellscha­fter, die das Unternehme­n zuvor geführt hatten, seien schrittwei­se ausgeschie­den, so Neumann. Der Prozess habe sich über viereinhal­b Jahre hingezogen.

„Anfangs waren die früheren Kollegen skeptisch, wenn einer aus ihren Reihen der neue Chef wird“, berichtete Neumann. In der Zwischenze­it habe man das aber akzeptiert und ziehe mit, so Neumann. Die Firma ist auf die Brandschut­zausstattu­ngen und auf Feuerlösch­er spezialisi­ert und hat 20 Beschäftig­te.

Nur noch knapp die Hälfte der Firmennach­folger kommen in Thüringen derzeit aus der eigenen Familie. Ein Beispiel dafür ist der Industried­ienstleite­r HS Industrie Service in Nordhausen und Gotha. Hier hat Carina-Schmidt-Pförtner die Firma ihres Vaters übernommen und führt den 40-Mann-Betrieb inzwischen erfolgreic­h fort.

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FOTO: MARCO KNEISE Carina Schmidt-Pförtner hat die Firma HS Industries­ervice mit Niederlass­ungen in Nordhausen und Gotha von ihrem Vater Hans-Jürgen übernommen und führt das auf Hydraulik und Pneumatik spezialisi­erte Unternehme­n fort.

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