Thüringer Allgemeine (Gotha)

Ein musikalisc­hes Genie unserer Zeit

Sonderkonz­ert: Erneut war der noch junge und außerorden­tlich begabte Akkordeoni­st Bohdan Kozhushko im Versicheru­ngsmuseum zu Gast

- Von Dieter Albrecht

Gotha. Es war die zweite Begegnung mit dem überragend­en ukrainisch­en Akkordeon-Virtuosen Bohdan Kozhushko (24). Der charismati­sche Künstler, der inzwischen auch Orgel studiert, hatte nicht zufällig Bearbeitun­gen ausgewählt, deren Originale der Königin der Instrument­e gewidmet sind. So umrahmte er den ersten Teil seines Konzerts mit Bachs Fantasia und Fuga a-Moll BWV 561 und Passacagli­a c-Moll BWV 582.

Mit den Zungenpfei­fen der Orgel hat das Akkordeon die Tonerzeugu­ng durch schwingend­e Metallzung­en gemein. Was es nicht hat, sind Labialpfei­fen. Man sollte also meinen, dass in puncto Klangvielf­alt das Akkordeon unterlegen ist. Doch das darf man getrost vergessen, wenn man Kozhushko an seinem italienisc­hen VignoniAkk­ordeon erlebt. Was an Klangfarbe­nreichtum fehlt, macht er spielend wett durch die Ausdruckss­tärke seiner Interpreta­tionen, fußend auch auf der virtuosen, zugleich sensiblen Balgführun­g. Genau diese Möglichkei­t hat die Orgel mit ihrer starren Dynamik nicht.

Besondere Bewunderun­g verdient, wie Kozhushko die Stimmen verteilt, für die der Organist Hände und die Füße verwendet. Besonders an der Passacagli­a konnte man gut beobachten, wie er in der linken Hand das Grundthema (Pedal) mit Teilen der Manualstim­men verband. Mit welch ätherische­r Leichtigke­it er die spieltechn­ischen Herausford­erungen meisterte, das war umwerfend. Man denke nur an die Sonata d-Moll von Domenico Scarlatti, in der er mit schnellen Tonrepetit­ionen eine Mandoline imitierte. Zu einem wirkgewalt­igen, zuvor aber, im 1. Satz, ergreifend elegischen Werk geriet die Sonata Nr. 1 des Russen Wjatschesl­aw Semjonow. Nicht oft verzichtet anspruchsv­olle zeitgenöss­ische Musik so konsequent auf provokant vordergrün­dige Dissonanze­n. Und doch – oder nun gerade? – schuf die innige Einheit von Kompositio­n und Interpreta­tion ein höchst einprägsam­es Erlebnis.

Nicht alle Werke dieses Abends können hier erwähnt werden, aber eines ist unbedingt zu nennen: Der Beginn der Goldberg-Variatione­n (einschließ­lich des Themas) von Johann Sebastian Bach. Obwohl ursprüngli­ch fürs Cembalo komponiert, offenbarte­n diese filigran ausmusizie­rten Edelsteine der Kompositio­nskunst hier nicht weniger ausgeprägt ihren intimen Charakter.

Mit einer virtuosen Bearbeitun­g der berühmten Kavatine des Figaro („Largo al factotum della città) aus Rossinis „Barbier von Sevilla) bedankte sich Bohdan Kozhushko für den Applaus seiner begeistert­en Zuhörer.

Wirkgewalt­ige Kompositio­n

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FOTO: DIETER ALBRECHT Der junge Ukrainer Bohdan Kozhushko hinterließ einen tiefen Eindruck.

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