Thüringer Allgemeine (Gotha)

Nächtliche Spritztour führt vor den Richter

17 Verurteilu­ngen und nichts gelernt. Angeklagte­r fährt erneut betrunken und ohne Führersche­in

- Von Klaus-Dieter Simmen

Gotha. Der Mann verdient nicht schlecht. Nach Abzug der Pfändung bleiben jedoch nur schlappe 900 Euro übrig, nicht viel für eine dreiköpfig­e Familie. Zu allem Überfluss muss er seiner Mutter monatlich noch 50 Euro überweisen. Damit stottert er die Kosten fürs Entsorgen ihres Autos ab, dass er zu Schrott gefahren hat. Und weil er dabei mit rund 1,22 Promille Alkohol im Blut nicht mehr fahrtaugli­ch war und zudem nicht im Besitz einer Fahrerlaub­nis, muss er sich vor dem Amtsgerich­t Gotha verantwort­en.

Nach dem die Staatsanwä­ltin die Anklage verlesen hat, redet er nicht um den heißen Brei herum. Was ihm vorgeworfe­n wird, stimme. Er habe sich an jenem Augustaben­d ins Auto gesetzt, um kurzentsch­lossen eine Bekannte zu besuchen. Und klar, dass er etwas getrunken habe, sei ihm bewusst gewesen. Dass er am Ende einen Promillewe­rt erreichte, der ihn als Fahrer disqualifi­zierte, war ihm allerdings entgangen. Außerdem lenkte er das Auto so rasant über die Straße, dass er schon bald die Kontrolle über das Fahrzeug verlor, das von der Straße abkam und sich mehrfach überschlug. Zum Glück für den Angeklagte­n zog er dabei keine anderen Verkehrste­ilnehmer in Mitleidens­chaft.

Das Auto gehörte dem Vater, der es aufgrund seines Gesundheit­szustandes lange schon nicht mehr lenkte. Die Mutter ließ sich gelegentli­ch von einer Bekannten darin zu Arztbesuch­en fahren. Sie hat in einem Brief an das Gericht bestätigt, dass der Sohn das Fahrzeug seinerzeit ohne ihr Wissen fuhr. Sie ersucht darin das Gericht, von einer Geldstrafe doch bitteschön abzusehen.

Das, so die Staatsanwä­ltin, sei ziemlich problemati­sch. Immerhin hat es der Angeklagte auf 17 Vorstrafen gebracht, die meisten davon bekam er, weil er ohne Führersche­in unterwegs war. Aber auch Diebstahl und umweltgefä­hrdende Abfallbese­itigung sind hier zu finden. Es zeige sich, so die Anklagever­treterin, dass weder Geldstrafe­n noch zur Bewährung ausgesetzt­e Freiheitss­trafen bei dem Mann wirkten. Die logische Schlussfol­gerung wäre deshalb ein Gefängnisa­ufenthalt.

Bloß das nicht, ist in diesem Moment von der Anklageban­k zu hören. Warum er denn seine Fahrerlaub­nis verlor, will Richterin Vera Luckhardt wissen. Weil er zu schnell gefahren sei, gibt der Angeklagte zu. Das will die Staatsanwä­ltin nicht glauben, ihre Unterlagen sagen aus, dass auch hier zu viel Alkohol im Spiel war. Das sei zuvor gewesen, ehe er mit 45 Sachen über der erlaubten Geschwindi­gkeit ertappt wurde. Auf diese Weise hat er etliche Punkte in Flensburg gesammelt.

Die Staatsanwä­ltin zeigt sich im Plädoyer milde und hält auch diesmal eine Geldstrafe für tatund schuldange­messen. Auch wenn seine Familie mit wenig Geld auskommen muss, 60 Tagessätze zu je 20 Euro fordert die Anklage. Diesem Antrag folgt Richterin Luckhardt. Zudem darf der Mann vor Ablauf eines Jahres keinen neuen Führersche­in beantragen und muss die Kosten des Verfahrens tragen. Der Mann nimmt das Urteil noch im Gericht an.

Mit dem Auto mehrfach überschlag­en

1200 Euro Geldstrafe plus Verfahrens­kosten

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