Thüringer Allgemeine (Gotha)

Über die Karriere eines Spätzünder­s

In Berlin wurde die Biografie von Ex-Nationalsp­ieler Lutz Lindemann vorgestell­t. Auf 282 Seiten gibt er unterhalts­ame Anekdoten zum Besten

- Von Matthias Koch

Berlin. Berlin gilt nicht unbedingt als Hochburg des Thüringer Fußballs. Und doch fand hier am Dienstagab­end die Buchpremie­re eines der größten Kicker des heutigen Freistaate­s statt. Ex-DDR-Nationalsp­ieler Lutz Lindemann und der Berliner Autor Frank Willmann stellten gemeinsam mit Moderator Christoph Biermann von 11Freunde im Fußballsal­on des Deutschen Theaters die Biografie des inzwischen 69 Jahre jungen Lindemanns vor. Das Werk trägt den Titel „Optimist aus Leidenscha­ft – Mein Leben“und ist zum Preis von 20 Euro im Aufbau-Verlag erschienen.

Die 50 Besucher in der Bar des DT erleben bei der launigen Präsentati­on, dass sich mit Lindemann und Willmann zwei Typen gefunden haben, die sich auch necken können.

Lindemann gehört zu den größten Geschichte­nerzählern, die der Erfurter Steigerwal­d und die Jenaer Kernberge je gesehen haben – ohne Punkt, Komma und Jahreszahl. Lindemanns Füllhorn an Informatio­nen und Wissen hat Willmann einen Rahmen von 282 unterhalts­amen Seiten gegeben, die die ehrliche Haut Lindemann aber nicht einengen. Willmann lässt Lindemann einfach in der IchForm reden.

Es wird deutlich, dass die Karriere des in Halberstad­t geborenen Offensivma­nnes nie gradlinig verlief. Als Nachwuchst­alent eckte Lindemann beim 1. FC Magdeburg an, weil er 1966 auf der Rückfahrt von einem Junioren-Länderspie­l im Zug eine Molle zischte. Später dachte Lindemann, dass er auf eigene Faust nach Eisenhütte­nstadt wechseln kann. Es folgte eine 18-monatige Sperre bis Ende 1968. „Wir hatten keine Verträge, keine Berater. Wir waren im System: Entweder man hat funktionie­rt oder man ist herausgefl­ogen“, sagt Lindemann.

Das Buch führt viele Beispiele auf, warum Lindemann eigentlich nicht zum 21-fachen DDRNationa­lspieler und Jenaer Europacup-Helden hätte werden dürfen. Verbale Naivität und ein arg verletztes Knie zögerten seinen Aufstieg hinaus. Über Lok Halberstad­t, den BFC Dynamo II und Motor Nordhausen-West mausert sich Lindemann in Erfurt aber zum DDROberlig­aspieler. 1977 erliegt er den Abwerbever­suchen aus Jena. Dort schafft der Spätzünder ab 1977 den Sprung in den Europacup und die Nationalel­f.

Lindemann bezeichnet Trainer Hans Meyer als den wichtigste­n Mann seiner Zeit in Jena. „Er hat eine Mischung aus Kampf und Spiel gefunden. Er hat uns mit Samthandsc­huhen sehr wehgetan“, berichtet Lindemann. Einige der „Mächtigen“der Fußball-Welt hat er erlebt – vor der Wende Zeiss-Generaldir­ektor Biermann in Jena, nach 1989 die im Buch ebenfalls zu Wort kommenden Leonhardts bei Erzgebirge Aue.

Lindemann, zwischenze­itlich Versicheru­ngsvertret­er, blieb letztlich auch nach dem Karriereen­de dem Fußball treu. In Aue und Jena hat er fast alle Jobs gemacht. Bei den Sportfreun­den Siegen, Viktoria Berlin und im Kosovo sammelte er Erfahrunge­n abseits des ostdeutsch­en Schmelztie­gels. Immer an seiner Seite: Frau Monika. Mit ihr lebt er in Erfurt. Den FC Carl Zeiss hat er aber auch nach seinem Ende als Präsident im Sommer 2016 weiter fest im Blick.

Haus Dacheröden (Anger  / . März, . Uhr), Fuchsturm (Turmgasse  / . März,  Uhr), Stadtbibli­othek (Kirchplatz  / . April,  Uhr),

Bibliothek (Puschkinpl­atz  / . April, . Uhr).

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FOTO: MATTHIAS KOCH Lutz Lindemann stellte in Berlin seine Biografie vor. Nächste Woche ist er in Thüringen.

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