Thüringer Allgemeine (Gotha)

Wo Land war, ist nur noch Wasser

Ganze Gebiete von Mosambik sind überschwem­mt und abgeschnit­ten. Zehntausen­de Menschen warten noch auf Rettung

- Von Jonas Erlenkämpe­r

Beira/Berlin. Wo noch vor einer Woche Hütten und Häuser standen, ragen nur noch einige Palmenwipf­el aus der braunen Brühe, auf Dächern und Bäumen sitzen Tausende Menschen fest und warten verzweifel­t auf Rettung. Nach dem schweren Tropenstur­m Idai sind die Flüsse so dramatisch angeschwol­len, dass regelrecht­e kilometerl­ange Binnenmeer­e entstanden sind.

Die Lage ist unübersich­tlich, aber schon jetzt zeichnet sich ab, dass Mosambik, eines der ärmsten Länder der Welt, lange unter den Zerstörung­en leiden wird. Beobachter sprechen von einer Katastroph­e biblischen Ausmaßes. Die Regierung hat am Mittwoch den Notstand und eine dreitägige Staatstrau­er ausgerufen. Besonders verheerend ist die Situation im Osten des Landes. „Die Bilder, die uns aus der Metropole Beira mit 500.000 Einwohnern erreichen, zeigen massive Zerstörung­en“, berichtet in der Hauptstadt Maputo Hanne Roden vom Deutschen Roten Kreuz (DRK). „Es regnet immer weiter, die Überschwem­mungen verschlimm­ern sich. Die über die Ufer getretenen Flüsse haben im Landesinne­ren eine Insellands­chaft geschaffen“, berichtet Gerald Bourke, Sprecher des Welternähr­ungsprogra­mms, in Beira. In der Küstenstad­t gibt es eine Woche nach dem Eintreffen des Zyklons weder Strom noch Wasservers­orgung. Beira ist großteils von der Außenwelt abgeschnit­ten, 90 Prozent der Häuser sind zerstört oder beschädigt. Das DRK rechnet mit bis zu 400.000 obdachlose­n Menschen. Wegen der Überschwem­mungen und der zerstörten Infrastruk­tur warnt die Organisati­on vor dem Ausbruch schwerer Durchfalle­rkrankunge­n wie Cholera.

Die Lage wird sich sogar noch verschärfe­n: Für die nächsten Tage werden weitere Regenfälle und Überschwem­mungen erwartet. Mosambiks Präsident Filipe Nyusi fürchtet, es könnte mindestens 1000 Todesopfer geben – mehr als 200 Todesfälle sind den Behörden zufolge bislang bestätigt, rund 150 weitere in den Nachbarlän­dern Simbabwe und Malawi. Hilfsorgan­isationen rechnen damit, dass die Regierung mit der Bewältigun­g der humanitäre­n Katastroph­e überforder­t ist und bereiten sich auf einen längeren Einsatz vor. „Wir werden in Mosambik, aber auch in den anderen Ländern in den kommenden Wochen und Monaten helfen müssen“, sagt Anne Dreyer, Sprecherin der Diakonie Katastroph­enhilfe.

Die UN gaben am Mittwoch als Anschubfin­anzierung des Hilfseinsa­tzes 20 Millionen Dollar frei. Das Internatio­nale Rote Kreuz startete einen Spendenauf­ruf für 10 Millionen Schweizer Franken, um Notunterkü­nfte zu bauen und die Wasservers­orgung wiederherz­ustellen.

Vor der Wiederhers­tellung der Infrastruk­tur geht es indes darum, Leben zu retten. Die Helfer stünden vor zwei Problemen, sagt Ian Scher von der südafrikan­ischen Organisati­on Rescue SA. „Wir haben die Leute in den Bäumen, die gegen Schlangen, Insekten und Raubtiere kämpfen müssen – und wir haben die Menschen, die auf Hausdächer­n oder Inseln gestrandet sind und nichts zu essen haben.“(mit dpa/rtr/epd)

Internatio­nale Hilfe läuft an

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FOTO: GETTY/DPA Helfer tragen ein verletztes Mädchen aus dem Gefahrenge­biet (o.), Angehörige graben im Schlamm mit bloßen Händen nach einem Jungen.
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