Abschied im engsten Familienkreis
Am Freitag lief der letzte Adam bei Opel in Eisenach vom Band. PSA krempelt Werk und Logistik um
Eisenach. Mit der Übernahme von Opel durch PSA sei allen Beteiligten klar gewesen, dass wir uns auf Veränderungen einstellen müssen. „Die neue Strategie, die Logistik von der Schiene auf die Straße zu verlagern, gefällt mir politisch und ökologisch nicht, muss aber letztlich als unternehmerische Entscheidung respektiert werden“, kommentiert Eisenach Oberbürgermeisterin Katja Wolf (Linke) den Plan des französischen Mutterkonzerns, die Logistik am Opel-standort Eisenach komplett auf die Straße zu verlagern und den Gleisanschluss samt Container-terminal am Werk auszublenden.
Die Bahnanschlüsse hatte PSA zum 30. Juni 2018 gekündigt und damit die Hörseltalbahn als Dienstleister auf das Abstellgleis gestellt, sagt Geschäftsführer Stefan Lohr. Das selbe Schicksal hat den bisher für Opel tätigen Logistiker Raben Group ereilt. PSA will die gesamte Logistik des Automobilbauunternehmens auf neue Füße stellen und betreibt dafür seit der Übernahme großen Aufwand. Sogar die Entwidmung und den Rückbau von Gleisen hatten die Franzosen beantragt, um Werksstraßen zu verbreitern. Dafür bekam PSA allerdings keine behördliche Genehmigung. Im Anhörungsverfahren gab es Widerstand. Das neue Logistikkonzept ist dem Vernehmen nach mit einer veränderten Betriebserlaubnis verbunden. Vonseiten der zuständigen Landesministerien (Infrastruktur/umwelt) gab es dazu bisher noch keine Stellungnahme. Die Zahl der für Opel rollenden Lastwagen auf Eisenachs Straßen würde sich mit der neuen Logistik-philosophie vervielfachen. Insider sprechen von mehr als 200 Lkw täglich. Derzeit sind es 50 bis 60.
„Neben der Sicherung der Arbeitsplätze und des Knowhow unterstütze ich auch alle Anstrengungen, wieder eine Vollauslastung des Eisenacher Opel-werkes zu erreichen. Damit verbinde ich auch die Hoffnung, dass das in Aussicht gestellte Konzept zur Rückkehr auf die Schiene auch realisiert wird“, sagt Eisenachs OB Wolf.
Am Freitag verließ der letzte Opel Adam das Band im Werk am Gries. Damit geht eine Ära zu Ende, die 2013 begann. Die Produktion des Kleinwagens Corsa (Dreitürer) in Eisenach lief ebenfalls aus. Er wird künftig in Spanien gebaut. Dem Corsa weinen viele der derzeit etwa 1400 Opelaner kaum eine Träne nach. Den Adam hat man dagegen ins Herz geschlossen. Sein Ende sei bedauerlich, heißt es von den Mitarbeitern. Die Adams, die derzeit zahlreich auf den Werksparkplätzen stehen, seien verkauft. Eine Bestellung des Adam ist nur noch bis Ende des Jahres möglich. Viele Großhändler hätten deshalb noch geordert. Im Werk werden bis nächste Woche noch reichlich Autos repariert, um alle Fahrzeuge zum Kunden zu bringen.
Im Eisenacher Opel-werk herrscht gerade Hektik und großer Druck auf alle Beteiligten. Der Umbau für den Bau der Produktionslinie für das neue Model Grandland X ist bereits im Gange, nimmt ab der nächsten Woche dann richtig Fahrt auf. Bis zu 1000 externe Leute sollen daran beteiligt sein, heißt es aus der Projektgruppe bei Opel.
Offizielle Verlautbarungen gibt es nicht. Auch da geht PSA neue Wege. Führungsetage, Presseabteilung und Betriebsrat geben derzeit keine offiziellen Kommentare, ducken sich auf Anfrage sogar ab. Die Nerven im Werk liegen ob der großen Herausforderungen und Unwägbarkeiten zum Teil blank, berichten Mitarbeiter.
War der Start der Adam-produktion im Januar 2013 sogar noch Thema im Zdf-morgenmagazin, rollte der letzte Adam trotz Medienanfragen unter Ausschluss der Öffentlichkeit vom Band. Die „Beerdigung“fand im engsten Familienkreis statt. Im Zuge des Werksumbaus hatte sich PSA zum 1. Januar auch von Liegenschaften östlich des Werkes getrennt. Die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) erwarb diese Immobilien, bestätigte die LEG. Im Gries brechen neue Zeiten mit französischer Note an, die nun mehr denn je auch spürbar wird. Das Gros der Opelaner blickt dennoch positiv in die Zukunft.
Wie viele Autos künftig gebaut werden, dazu kursieren bisher auch nur Gerüchte. Diese berichten von 98.000 Stück im niedrigsten und 120.000 im höchsten Fall. Ein zweites Modell, wie von vielen gefordert, ist derzeit Utopie.