Nahles distanziert sich von Kühnert
Spd-chefin kritisiert umstrittene Sozialismus-thesen des Juso-vorsitzenden
Leipzig/berlin. Als Andrea Nahles in den 90er-jahren Jusochefin war, erhob Oskar Lafontaine sie angesichts ihres Talents zu einem „Gottesgeschenk“für die SPD. Über Kevin Kühnert würde die heutige Parteivorsitzende so etwas nie sagen. Das Verhältnis zwischen beiden gilt als überschaubar. Nun hat der Jungsozialist Kühnert kurz vor der Europawahl mit umstrittenen Thesen zum Sozialismus und zur Vergesellschaftung von Konzernen und Wohnungen eine hitzige Debatte ausgelöst.
Nahles hatte sich zunächst herausgehalten und eine Bewertung der Äußerungen abgelehnt. Am Freitag, bei einer Konferenz mit den Spd-fraktionsvorsitzenden aus den Ländern in Leipzig, musste sie diese Linie aufgeben.
Nicht nur der Koalitionspartner CDU/CSU, auch führende Wirtschaftsverbände hatten zuvor eine Klarstellung durch die Spd-vorsitzende verlangt. „Ich finde die Antworten, die Kevin Kühnert gibt, falsch“, sagte Nahles nun. Diese seien keine Forderungen Gemeinsam hatten beide zuletzt das Reformkonzept zur Überwindung von Hartz IV auf den Weg gebracht. Dass der Jusochef sozialistisch argumentiere, empfinde sie als nicht besonders aufregend, erklärte Nahles. Sie könne den Wirbel nicht nachvollziehen. So hätten früher auch andere Juso-vorsitzende ähnliche Debatten ausgelöst, etwa der spätere Kanzler Gerhard Schröder. Das gehöre zum „Traditionsbestand“ der SPD. Kühnert hatte der „Zeit“gesagt, dass er für eine Kollektivierung großer Unternehmen wie BMW „auf demokratischem Wege“und gegen Wohnungsvermietungen als Geschäftsmodell eintrete. Bmw-betriebsratschef Manfred Schoch wies die Ideen als „unbegreiflich“zurück. „Für Arbeiter deutscher Unternehmen ist diese SPD nicht mehr wählbar“, sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende der „Wirtschaftswoche“.
Kaum ein anderes Unternehmen biete so sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze. Mit der Familie Quandt habe BMW einen Großaktionär, der „nicht die kurzfristigen Gewinninteressen in den Vordergrund stellt, sondern die langfristige Stabilität“.