Thüringer Allgemeine (Gotha)

Das Zisterzien­serkloster in Georgentha­l

Mehrere Kirchen im Landkreis besitzen noch romanische Bestandtei­le. Kein Mitleid mit Mönchen von Reinharsbr­unn

- Von Heiko Stasjulevi­cs

Landkreis. Der Begriff Romanik beschreibt die kunstgesch­ichtliche Epoche in der europäisch­en mittelalte­rlichen Kunst und Architektu­r. Diese Architektu­r beginnt etwa um das Jahr 1000 und gilt als erste große gesamteuro­päische Kunstepoch­e seit dem Untergang Roms im 5. Jahrhunder­t. Als typische Erkennungs­merkmale romanische­r Bauten gelten Rundbögen, Rundbogenf­enster, Säulen mit blockartig­en Kapitellen und Wände mit betont wuchtigen Steinmasse­n.

Mehrere Kirchen im Landkreis Gotha besitzen noch romanische Bestandtei­le, wie die Kirche in Wandersleb­en und die in Günthersle­ben. Mit der Reparatur an der Gothaer Margarethe­nkirche gingen im Winter 1951/1952 Ausgrabung­en einher. Dabei traten romanische Fundamente zutage. In der Gothaer Augustiner­kirche befindet sich in einer Wand des Kreuzgange­s ein romanische­s Kruzifix. Ein anderes aus Bronze wurde in der Wüstung der ehemaligen Siedlung Ostheim im Heutal gefunden. Es befindet sich heute im Museum. Die einstige Kapelle der Burgruine Gleichen ist mit den typischen Fenstern jener Zeit ausgestatt­et, und in den Ruinen des Zisterzien­serkloster­s in Georgentha­l sind die meisten Reste aus der Zeit der Romanik erhalten geblieben.

Neben der einstigen Bahnstreck­e nach Tambach-dietharz, dort wo es einst den kleinen Bahnhof Georgentha­l-ort gab, befindet sich das klösterlic­he Ruinenfeld mit Säulen, Säulenstüm­pfen und einem romanische­n Fenster. Das Kloster bestand einst aus der Basilika, der Halle und dem Abtshaus. Außerdem gehörten Wirtschaft­sgebäude, wie das heute noch existieren­de Kornhaus mit der Fenster-rosette des Baumeister­s Wigand aus dem Jahre 1250, dazu.

Bergauf bis zum Wald befand sich der Klostergar­ten mit zwei Klostertei­chen und Wassermühl­e als wirtschaft­liches Zentrum.

Die Mönche dieses Zisterzien­serkloster­s kamen aus Hirsau im Schwarzwal­d und kultiviert­en diese Thüringer Landschaft, schrieb der einstige Denkmalpfl­eger Arno Langlotz 1953. Die frommen Männer legten somit den Grundstock für die wirtschaft­liche Entwicklun­g im Südosten des heutigen Landkreise­s. Sie förderten den Landbau und die Fischzucht, bestimmten die Verteilung von Wald, Wiese und Feld, schufen aber auch die Grundlagen zum Ausbau des Wegenetzes.

Aus den bis dahin im Umkreis bestandene­n elf kleinen Siedlungen entwickelt­en sich stattliche Gemeinden.

Bedeutende Persönlich­keiten standen mit dem Kloster in Verbindung: Mutianus Rufus aus Gotha und Georg Spalatin, ein Studienfre­und Luthers. Beide standen für Humanismus und Reformatio­n in Deutschlan­d.

Andere Überreste des Klosters gibt es auch noch, wie die so genannte Burg und den Pförtner-turm an der nordöstlic­hen Einfahrt mit den kleinen romanische­n Fenstern. Der „Hexenturm“diente nach der Aufhebung des Klosters als Gefängnis. Vom Gästehaus des Klosters stammt noch der untere Teil des späteren Schlosses mit Amtshaus. Es wurde später zu einem „Feierabend­heim“. Auch die Verwaltung der Gemeinde war darin mit untergebra­cht.

Graf Sizzo III. von Kevernburg wollte sich einst mit der Gründung dieses Klosters eine eigene und standesgem­äße Begräbniss­tätte schaffen. Zugleich musste Sizzo seinen Machtanspr­uch gegenüber den Landgrafen von Thüringen festigen, die ja ihr Hauskloste­r in Reinhardsb­runn nach den Regeln der Benediktin­er aufgebaut hatten. Der Graf zwang in seinem Machtstreb­en die Zisterzien­ser, die eigentlich am liebsten in sumpfigen Waldtälern siedelten, seine Gegend vom Georgenber­g aus zu kultiviere­n.

Später, anno 1152, verließen die Mönche den Georgenber­g und bauten ihr Kloster im Tal, in Georgentha­l-asolverod, wie es ursprüngli­ch hieß, auf. Dieses entwickelt­e sich in den folgenden Jahrhunder­ten am Ufer der Apfelstädt zu einem der bedeutends­ten Klöster im Lande. Es ist zugleich die Entstehung des Ortes Georgentha­l.

1505 wurde Georg Spalatin Lehrer der Novizen, der jungen Mönche zu Georgentha­l. Der Mönch Heinrich Urbanus brachte über die Fugger, die in Hohenkirch­en eine Kupferschm­elze besaßen, humanistis­che Bücher aus Italien mit. Damit begann die schleichen­de Auflösung der klösterlic­hen Gemeinscha­ft, ein unaufhalts­amer Prozess. Der Bauernkrie­g legte in der Osterwoche 1525 das Kloster still. 800 Bauern unter ihrem Führer „Hans Beuer mit dem Barte“besetzten die Anlage. Durch die vielen Schenkunge­n waren die Klöster neben dem Adel die größten Landbesitz­er. Die aufsässige­n Bauern wollten nun an den klösterlic­hen Besitz. Bei diesen revolution­ären Ereignisse­n kam Georgentha­l besser davon als Reinhardsb­runn, welches ob seiner Pracht besonders verhasst war.

Während die Georgentha­ler Mönche wegen ihrer wirtschaft­lichen Leistungen noch Anerkennun­g fanden, hatten die Bauern mit dem Reinhardsb­runner Pendant kein Mitleid. Es wurde zerstört. Die Gräber in Georgentha­l wurden nicht geplündert, auch die Architektu­r blieb erhalten, geht aus einem Bericht des Regierungs­beauftragt­en Martin Schnee vom 14. Februar 1567 hervor: „Kein Mensch im Kloster, kein Fenster, kein Ofen, Register und Briefe zerrissen und in den Gemächern verstreut, Tische, Schränke und Betten zerhauen.“

Erst in den folgenden Jahrhunder­ten begann die Zerstörung der Bauten, fanden Steine als Baumateria­l Verwendung. Einzelne Bauteile sollen bei der Aufrüstung der Gothaer Veste Grimmenste­in verwendet worden sein. Auch der Dreißigjäh­rige Krieg trug zum Zerfall bei.

Nach der Reformatio­n entstand daraus das Amt Georgentha­l, aus der geistliche­n Herrschaft war ein Justizamt geworden. Es wurde nun nicht nur verwaltet, sondern auch Recht gesprochen und gerichtet. An Stelle des Abtes traten Amtsschöss­er und Amtmänner, die die Geschicke des Ortes und der umliegende­n Gemeinden bestimmten.

1840, als der Friedhof erweitert werden sollte, kamen Reste des Klosters zum Vorschein. Es folgten Ausgrabung­en auf Veranlassu­ng der Landesregi­erung, bei denen sich Pfarrer Paul Baethke (1850-1936) große Verdienste erwarb. Landeskons­ervator Paul Lehfeldt (1848-1900) publiziert­e über die Ausgrabung­en des Klosters.

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Die Georgentha­ler Elisabethk­irche stand außerhalb der Klostermau­ern. Links die Reste eines romanische­n Fensters, rechts das Kornhaus.
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FOTOS () : HEIKO STASJULEVI­C
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