Der Reiz des Neuen
Rennsteiglauf-gewinner Marcel Bräutigam aus Erfurt startet am 18. Mai zum ersten Mal beim Supermarathon
Erfurt. Für Marcel Bräutigam ist es eine neue Situation. Der Erfurter Läufer kann wegen seiner Schichtarbeit bei der Polizei und seiner neuen Rolle als Familienvater nur die Hälfte des früheren Pensums als Training absolvieren. Aber auf sportliche Erfolge muss er nicht verzichten. Erst holte er im März die deutsche 50-km-meisterschaft, vor wenigen Tagen gewann er den Oberelbe-marathon von Königstein nach Dresden.
„Ich war im vergangenen Jahr lange verletzt und im Dezember auch krank. Die Rückkehr lief aber besser als gedacht. Mein Training ist jetzt qualitativ einfach hochwertiger“, sagt der 31Jährige, der nun vor einer neuen Herausforderung steht. Beim 47. Gutsmuths-rennsteiglauf am 18. Mai wird er beim 73,9 Kilometer langen Supermarathon an den Start gehen. Dabei hat der Erfurter noch keinen einzigen Lauf länger als 50 Kilometer bestritten – weder im Wettkampf noch im Training. Für ihn ist es der Reiz, seine Grenzen auszuloten. „Ich wollte mir ein neues Ziel setzen“, sagt Bräutigam über sein Laufabenteuer im Thüringer Wald.
Dabei kennt der einstige Sommer-biathlet auf dem Rennsteig so ziemlich jeden Stein. Beim traditionellen Crosslauf im Mai gewann er schon auf der Halbmarathon-strecke (2014) und über die doppelte Distanz (2012 und 2013). Auch auf dem Mountainbike hat er den Kurs genügend unter die Reifen genommen. Aber um perfekt vorbereitet zu sein, will der Polizist am kommenden Montag die Strecke vom Start in Eisenach bis zum Grenzadler testweise ablaufen: „Auf dem Rad kenne ich den Weg. Aber als Läufer ist es noch einmal etwas anderes.“
In den vergangenen beiden Jahren konnte er wegen Verletzungen nicht am Rennsteiglauf teilnehmen. Die Motivation für neue Aufgaben jedoch fehlte ihm nie. Der Beginn des neuen Jahres stellte für ihn sozusagen einen Neuanfang dar. Der Athlet vom Gutsmuths-rennsteiglauf-verein konnte wieder trainieren und bestritt bei den 50km-meisterschaften in Grünheide seinen ersten Wettkampf nach mehreren Monaten.
Bei der ersten deutschen Ultra-meisterschaft gewann er in 2:51:55 Stunden und stellte damit zugleich die zweitbeste deutsche Zeit bei einem 50-km-lauf auf. „Trotzdem war ich nicht so kaputt, wie ich gedacht hätte“, sagt der Erfurter, der dafür beim Oberelbe-marathon dem Gegenwind trotzen musste. „Das war hart. Da musste ich richtig arbeiten“, sagt Bräutigam, der dennoch in 2:22:52 Stunden den Streckenrekord verbesserte. Jene Leistung war für ihn auch die Bestätigung, nach der Zwangspause die richtige Balance im Training gefunden zu haben.
Nun also wartet die nächste Bewährungsprobe. Bei seiner Premiere beim Supermarathon wird seine Devise lauten: weniger ist mehr. Denn um das Ziel in Schmiedefeld zu erreichen, muss er sein Tempo noch einmal drosseln, um die Kräfte optimal einzuteilen. Und Leidensgefährten hat er auch schon im Blick. Der einstige Weltklassetriathlet Steffen Justus, der im vergangenen Jahr bei seinem Debüt einen Einbruch erlebte und von der Spitzengruppe auf Rang zwölf zurückfiel, wäre so ein Kandidat: „Vielleicht kann ich mit ihm ein Stück zusammenlaufen. Da fällt vieles einfach leichter.“
Aus Spaß will sich der Erfurter jedoch nicht am 18. Mai zum Start um 6 Uhr auf dem Eisenacher Marktplatz in aller Herrgottsfrühe stellen. „Eine Zeit nehme ich mir nicht vor. Aber ich will um den Sieg mitlaufen“, sagt Bräutigam selbstbewusst.