Wie groß ist klein?
In deutschen Haushalten landet jedes achte Lebensmittel im Müll. Das sind pro Kopf 82 Kilo Essen jedes Jahr. „Weil die Leute beim Einkaufen schlecht planen, vergessen, was noch da ist, oder einfach nicht wissen, was sie mit den Resten anstellen sollen“, sagt Koch Vincent Fricke, der mit „Leftover“ein Kochbuch zu dem Thema geschrieben hat. Wegwerfen muss nicht sein.
Schlau einkaufen heißt nachhaltig kochen
Was früher gang und gäbe war, nämlich in der Küche Abfälle zu vermeiden, feiert als Zero-waste-trend (dt. „null Müll“) gerade ein Comeback. In den Städten gehen die Menschen für saisonale Produkte zurück auf den Markt und immer öfter auch in Unverpackt-läden wie das Jeninchen von Kati Fröhlich aus Jena.
Bei ihr bekommen Kunden sämtliche Trockenprodukte wie Nudeln, Reis, Hülsenfrüchte, Nüsse, Müsli und Fruchtgummi lose zum Abfüllen. „Neben dem Aspekt der Müllvermeidung punkten wir damit, dass man kleine Mengen bei uns bekommt“, sagt Fröhlich. Spezielle Kräuter und Gewürze, die ein lokaler Produzent aus Kölleda liefert, kann man so erst einmal ausprobieren.
Joghurt und Quark gibt’s im Pfandglas. Öl und Essig werden gezapft. „Besonders beliebt bei Kindern ist unsere Milchtankstelle, an der sie frische Milch selbst abfüllen“, sagt Fröhlich. Dafür müssen sie lediglich ausgespülte Glasflaschen mitbringen. Für alles andere eignen sich Stoffbeutel und Plastikdosen. Und wer keinen langen Weg hat, der bedient sich an den leeren Marmeladengläsern, die im Kunden-für-kunden-korb zum Mitnehmen bereitstehen.
Zuhause müssen die Lebensmittel dann nicht nur richtig verarbeitet, sondern auch gelagert werden. Im Kühlschrank verlängern unterschiedliche Kältezonen und das Aufbewahren in getrennten Kati Fröhlich, Ladeninhaberin Gefäßen die
Lebensdauer. Fleisch und Fisch mögen es besonders kalt. Eiern, Milch und Butter reicht ein kühler Platz in der Kühlschranktür. „Bananen und Tomaten lässt man direkt draußen“, sagt Fricke. Und sollte beides dort einmal zu lange liegen, schmeißt er die Banane noch mit in den Smoothie oder die Tomate auf die Quiche.
Reste kreativ verwerten
„Übrig gebliebenes Essen lässt sich mit etwas Kreativität wunderbar restlos weiterverwerten“, findet Fricke. Das letzte Stück Braten kommt als Aufschnitt aufs Brot, Reis wandert als Teil der Füllung in Paprikaschoten und Brotreste machen sich perfekt im Hackbraten, als Knödel oder selbst gemachte Semmelbrösel. Gerade die Sache mit dem Brot ärgert ihn. „Einst ein verlässlicher Partner, um die Weltbevölkerung zu ernähren, hat es mittlerweile eher den Status eines Tetra Paks und wird ständig weggeworfen“, sagt der Koch.
Damit man gar nicht erst in die Verlegenheit kommt, Nahrungsmittel wegzuschmeißen, sollte man stets einen Blick in Kühlschrank und Vorratskammer werfen, mit Bedacht einkaufen, kochen und schließlich alles aufessen. Das vermeidet Müll und spart Geld. Stoffbeutel sind ideal für trockene Lebensmittel, etwa Bananen, Nudeln, Nüsse oder Brot. Ein Zugband verhindert, dass lose Ware herausfällt.
Seit einiger Zeit gibt es speziell für frisches Obst und Gemüse wiederverwendbare Netze mit luftiger Gitterstruktur.
Für Mehl, Stärke, Zucker, Kakao und andere pulvrige Lebensmittel eignen sich Schraubgläser.
Käse und Fleisch lassen sich in Edelstahldosen oder in Tupperware transportieren und aufbewahren. Eine Speisekarte ist meist eine Ansammlung von Substantiven, verfeinert mit einer Anzahl von Attributen. Und einigen Ziffern samt Sonderzeichen auf der rechten Seite. So war es auch immer in den von mir betreuten Lokalitäten. Als Erstesser benötigt der Gast oft eine gehörige Portion Fantasie, um sich unter den Wortgeschmacksspielen etwas vorstellen zu können. Wenn das partout nicht funktionieren will, steht der Kellner natürlich hilfreich zur Seite. Wo aber Vorstellungskraft unweigerlich zu scheitern droht, ist bei der Frage: Wie viel ist das denn? Wie groß, klein? Man kann natürlich mit Daumen und Zeigefinger den Brunnen machen wie bei Ching, Chang, Chong, und so den ungefähren Durchmesser des Tellers angeben, und vielleicht den Stein für die Portionshöhe. Aber das ist ebenso wenig hilfreich, wie die Grammzahl der verschiedenen Zutaten herunterzubeten. Zudem geht die subjektive Wahrnehmung von groß und klein bei Gast, Kellner und Koch ähnlich auseinander wie die Bewertungsschere bei einem veganen Burgerladen in den gängigen Portalen. Noch schwieriger wird es dann bei der tatsächlichen Mengenschätzung eines mehrgängigen Menüs. Wenn man alle verwendeten Lebensmittel manch eines Sterne-abendessens auf einen Teller schichten würde, wäre das oft weniger „Masse“als ein Kinderteller bei Schnitzelpaul.
Watt nu? Ich guck mir nach der „How big is the fish“-frage den
Gast an, versuche ihm die Angst vorm Platzen zu nehmen und gleichzeitig die Lust auf mehr zu schüren. Natürlich kann man auch um kleinere Portionen bitten, oft ist das aber dann auch mit beträchtlichem Mehraufwand in der Küche verbunden, da ja viele Komponenten für den Abend schon am Nachmittag vorbereitet werden. Billiger wird’s dadurch leider auch nicht. Da ist es dann oft sinnvoller, ein Restchen auf dem Teller zu lassen, wenn man Angst vor dem Zuviel hat.
„Neben dem Aspekt der Müllvermeidung punkten wir damit, dass man kleine Mengen bei uns bekommt.“