Thüringer Allgemeine (Gotha)

Auch Worte sind Waffen

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Ein beliebter Spruch der gewalttäti­gen rechtsextr­emen Szene ist: „Taten statt Worte.“Für die Terrorzell­e des „Nationalso­zialistisc­hen Untergrund­s“war es dieser Gedanke, mit dem sie die Morde an zehn Menschen rechtferti­gten. Doch längst gilt für Extremiste­n: Auch Worte sind Taten. Worte sind Waffen.

Walter Lübcke wurde auf seiner Terrasse erschossen. Dringend tatverdäch­tig ist der Neonazi Stephan E. Die Ermittlung­en laufen noch, doch schon jetzt ist klar: Der Politiker war Opfer einer gezielten Hasskampag­ne vor allem im Internet.

Es ist abscheulic­h, was manche Menschen dort posten. Doch um die Dimensione­n des Hasses zu verstehen, muss man – so sehr es schmerzt – hinschauen. „Der Kasper aus Kassel macht es nicht mehr lange“, hetzt ein Nutzer, als Lübcke, der sich für eine liberale Asylpoliti­k einsetzte, zur Zielscheib­e der Rechten wird.

Das Kalkül ist: Hetzen – bis sich Radikale aus der anonymen Masse lösen und zuschlagen. So wie es ein Rechtsextr­emist 2015 tat, als er mit einem Messer auf die Kölner Oberbürger­meisterin Henriette Reker losging.

Hass stiftet Menschen zu Verbrechen an. Schon in der Weimarer Republik wurde von rechtsradi­kalen Straßentru­pps mit Flugblätte­rn und Kampfliede­rn etwa gegen Reichsauße­nminister Walther Rathenau gehetzt. Der Politiker wurde durch Rechtsextr­eme getötet.

Mit dem Internet erreicht Hetze eine neue Schnelligk­eit. Jeder kann etwas dagegen tun. Zum Beispiel: Hetze und Mordaufruf­e melden. Jeder Einzelne muss zuhören – aber auch rote Linien setzen. Und bei Hass gegenhalte­n. Mit Zuspruch für Minderheit­en, mit verbaler Unterstütz­ung für Menschen, die im Visier von Radikalen sind. Starten wir die digitale Friedensmi­ssion! Stellen wir uns Hetze entgegen – denn Hass ist keine Meinung.

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