Mit 79 zum Chefarzt berufen
Für das Helios-Klinikum Blankenhain spielt nicht das Alter, sondern die Expertise von Prof. Bitter-Suermann eine Rolle
Meiningen. Weil er seine Ehefrau mit einem Messer angegriffen hat, muss ein 32-Jähriger aus Suhl in Haft. Das Landgericht Meiningen verurteilte ihn wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten.
Der Mann hatte im Februar dieses Jahres in Suhl mit einem Küchenmesser auf seine 29 Jahre alte Ehefrau eingestochen, die sich von ihm trennen wollte. Er war während des Angriffs betrunken und fügte seiner Frau Wunden am Hals, im Gesicht und am Oberarm zu. Der Mann gab an, sich wegen seines Alkoholkonsums nicht an die Tat erinnern zu können.
Die Staatsanwaltschaft hatte ihm versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vorgeworfen. Ein Tötungsvorsatz konnte bei der Verhandlung aber nicht nachgewiesen werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Blankenhain. Im ambulanten Bereich ist es keine Seltenheit, dass Ärzte weit über das Renteneintrittsalter hinaus praktizieren: An die 180 Mediziner sind nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen bereits 70 Jahre und älter, ein Dutzend sogar schon über 80.
Doch in Krankenhäusern sind Ärzte in diesem Lebensalter nicht so häufig anzutreffen – und dass ein fast Achtzigjähriger zum Chefarzt berufen wird, dürfte schon eine Ausnahme sein. Doch an der Blankenhainer Helios-Klinik (Kreis Weimarer Land) ist genau das jetzt der Fall: Mit Professor Hinrich Bitter-Suermann wurde ein 79Jähriger offiziell in dieses Amt eingeführt.
Bitter-Suermann ist nun Chefarzt des Zentrums für DialyseShunt-Chirurgie, des einzigen in Thüringen. Ein Shunt ist eine künstlich hergestellte Verbindung von Vene und Arterie bei Menschen, deren Nieren nicht mehr richtig arbeiten und die deshalb auf die Blutwäsche angewiesen sind. Nach Klinikangaben unterziehen sich in Blankenhain mehr als 500 Patienten pro Jahr diesem Eingriff.
Die Expertise gab den Ausschlag
Für die Blankenhainer Klinik spielte das Alter von Professor Bitter-Suermann bei der Stellenbesetzung keine Rolle, den Ausschlag gaben einzig und allein seine fachlichen Qualitäten. Der Mediziner, teilte die Geschäftsführung auf Anfrage mit, habe „durch seine umfassende fachliche Expertise in der Transplantationsund Shunt-Chirurgie, seine enorme internationale Erfahrung auf diesem Spezialgebiet sowie durch seine Führungsund Sozialkompetenz überzeugt und beeindruckt“.
Die Klinik ist davon überzeugt, dass der neue Chefarzt seine Erfahrungen in die „Fortführung und Weiterentwicklung unseres Zentrums einbringen und damit den Beitrag, den die Klinik zur medizinischen Versorgung leistet, ausbauen wird“.
Hinrich Bitter-Suermann wurde im Jahr 1940 in Berlin geboren und studierte in Würzburg, Göttingen und Kiel Medizin. Nach der Approbation im jahr 1967 arbeitete er in Schweden, England, den USA und Kanada. Er war sogar Abgeordneter in der kanadischen Provinz Nova Scotia, bevor er 2007 nach Deutschland zurückkehrte, um in Mannheim ein Zentrum für Shunt-Chirurgie aufzubauen. 2012 ging er nach Stuttgart, um auch dort ein solches Zentrum ins Leben zu rufen.
Was ihn nun für Blankenhain in Thüringen einnahm? „Der sehr gute Ruf der Klinik“, betont der Mediziner. In Blankenhain könne er Nierenpatienten betreuen, die meist noch mit anderen Grunderkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes in die Klinik kämen. „Bei uns profitieren sie von einem interdisziplinären Team mit individueller Betreuung in einem familiären Haus.“Dass der international renommierte Mediziner, der nach wie vor mit Leib und Seele Arzt ist, sich nicht nur mit seinem neuen Arbeitsplatz längst vertraut gemacht hat, sondern auch schon in der Region angekommen ist, belegt das Thema seines Antrittsvortrags: Anlässlich des Bauhaus-Jubiläums hat er ihm den Titel „Bauhausähnliche Evolution der Shunt-Chirurgie“gegeben.
In Thüringen sind derzeit etwa 1300 bis 1400 Menschen auf die Dialyse angewiesen. Ungefähr ein Zehntel von ihnen wird über einen Katheter versorgt, alle anderen über einen Shunt. Problem dabei: Selbst bei nahezu steriler Reinlichkeit kann es zu Verunreinigungen, Entzündungen und im schlimmsten Falle sogar zu Blutvergiftungen kommen. In diesem Fall benötigen Patienten sofortige Hilfe, weshalb das Ärzteteam der