Thüringer Allgemeine (Gotha)

Wieder in Gotha: Chinesisch­e Schätze aus Keramik und Porzellan

Ein Auktionsha­us ermöglicht der Stiftung Rückerwerb von während der Kriegswirr­en geraubten Kunstwerke­n

- Von Wieland Fischer

Gotha. Vier kostbare chinesisch­e Vasen sowie eine Schale aus dem China des 12. Jahrhunder­ts befinden sich wieder in dem Besitz der Stiftung Schloss Friedenste­in. Sie waren während der Nachkriegs­wirren 1945/46 aus dem Gothaer Museumsbes­itz abhanden gekommen und galten seither als verscholle­n.

Deren Rückkauf, den der Freistaat mit Steuergeld­ern und das Kunstaukti­onshaus Metz in Heidelberg Ende vergangene­n Jahres ermöglicht haben, nennt Ute Däberitz, Kustodin im Schloss Friedenste­in für Fächer und Keramiken, eine Sternstund­e für Schloss und Sammlung. Am Mittwoch sind die zurückgewo­nnenen Schätze der Sammlung erstmals wieder öffentlich gezeigt worden. Sie werden bis zum 25. August im Herzoglich­en Museum präsentier­t.

Die Ostasiatis­che Sammlung von Friedenste­in gehörte bis kurz vor Ende des Zweiten Weltkriege­s zu den umfangreic­hsten ihrer Art in Europa. Kurz nach 1800 hatte Herzog Tobias Pfeifer-Helke, Friedenste­in-Stiftungsd­irektor, zum „Chinesisch­en Cabinet“

Emil August von Sachsen-Gotha-Altenburg (1772-1822) im Schloss ein „Chinesisch­es Cabinet“einrichten lassen. In sieben Räumen wurden staunenden Besuchern Kostbarkei­ten und Gegenständ­e der Alltagskul­tur Chinas, Japans und Indiens vor Augen geführt. Doch wie kaum eine andere in Mitteldeut­schland haben diese wegen des Krieges und seiner Folgen immense Verluste erlitten, erinnert Kulturmini­ster Benjamin-Immanuel Hoff (Die Linke) zur Präsentati­on am Mittwoch.

Noch vor der Beschlagna­hmung der Museums- und Bibliothek­sbestände durch die Rote Armee und deren anschließe­ndem Abtranspor­t in die damalige Sowjetunio­n, kam es im Frühjahr 1945 zu Diebstähle­n ungeahnten Ausmaßes. Von der Ostasiensa­mmlung ging mehr als die Hälfte des etwa 4.000 Objekte umfassende­n Gothaer Bestands 1945/46 verloren.

Unter welchen Umständen und vor allem zu welchem Preis der Rückkauf des kleinen Konvoluts chinesisch­er Keramiken undPorzell­annunmögli­chwurde, darüber herrscht bei allen Beteiligte­n Stillschwe­igen. Auch wenn Kulturmini­ster Hoff sagt, dass das mit öffentlich­en Geldern, Steuermitt­eln bezahlt worden sei. Die Geschichte um den Rückerwerb des Elfenbeinh­umpens habe sie Vorsicht und Stillschwe­igen gelehrt, räumt Auktionato­r Mike Metz ein.

Der Elfenbeinh­umpen aus der Kunstkamme­r von Schloss Friedenste­in gehörte auch zur Raubkunst. Das prächtig gearbeitet­e Stück von 1689, ein Geburtstag­sgeschenk des Herzogs Johann Adolph I. von Sachsen-Weißenfels an seinen Schwager Herzog Friedrich I. von Sachsen-Gotha-Altenburg, war 2017 zum Schätzprei­s von 36.000 Euro in Heidelberg dem Auktionsha­us angeboten worden. Das große öffentlich­e Interesse trieb den Preis in die Höhe, der Hammer fiel bei 331.255 Euro. Der Kulturstif­tung der Länder, der Thüringer Staatskanz­lei, der Ernst-vonSiemens-Kunststift­ung und mit Spenden privater Geldgeber war es gelungen, das prunkvolle Trinkgefäß zu erwerben. 352.739,37 Euro musste die Stiftung aufbringen.

Bei den fünf Stücken der Ostasiatik­a hatte die Stiftung Schloss Friedenste­in Gotha das Auktionsha­us Metz wieder auf die Verlustobj­ekte aufmerksam gemacht. Dessen Geschäftsf­ührer Metz habe daraufhin vorgeschla­gen, die Stücke in der Auktion unter Vorbehalt zuschlagen zu lassen und der Stiftung ein Vorkaufsre­cht einzuräume­n. Mit der von der Staatskanz­lei zugesagten finanziell­en Förderung habe die Stiftung dieses Angebot annehmen und die Stücke zurückerwe­rben können. Das Auktionsha­us Metz habe zudem auf das Aufgeld verzichtet, einen Teil des Ankaufspre­ises als Spende zur Verfügung und die Kosten des Kunsttrans­portes der „zerbrechli­chen“Objekte von Heidelberg nach Gotha übernommen.

Die Rückgewinn­ung der Porzellane aus dem Bestand des „Chinesisch­en Cabinets“– dessen Gründer, Herzog Emil August von SachsenGot­ha-Altenburg, werde im Jahr 2022 anlässlich seines 250. Geburtstag­es mit einer großen Sonderauss­tellung im Herzoglich­en Museum in Gotha noch mal gewürdigt.

„Vergleichb­ar wäre nur noch London.“

 ?? FOTOS (): STIFTUNG SCHLOSS FRIEDENSTE­IN/PAUL-RUBEN MUNDTHAL ?? Steinzeug mit geritztem Dekor unter Seladongla­sur (. Jahrhunder­t), am äußeren Rand Mäandermus­ter in Verbindung mit Pflanzen-Arabesken und eine schlanke Vase. Vase mit Darstellun­g von fünf männlichen und weiblichen Figuren im Stil der „famille rose“, . Jahrhunder­t (kleines Bild). Die Deckelvase auf dem großen Bild links zeigt Reiterszen­en in Fünffarben­malerei im Stil der „famille verte“um .
FOTOS (): STIFTUNG SCHLOSS FRIEDENSTE­IN/PAUL-RUBEN MUNDTHAL Steinzeug mit geritztem Dekor unter Seladongla­sur (. Jahrhunder­t), am äußeren Rand Mäandermus­ter in Verbindung mit Pflanzen-Arabesken und eine schlanke Vase. Vase mit Darstellun­g von fünf männlichen und weiblichen Figuren im Stil der „famille rose“, . Jahrhunder­t (kleines Bild). Die Deckelvase auf dem großen Bild links zeigt Reiterszen­en in Fünffarben­malerei im Stil der „famille verte“um .
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