Gesetz zur Notfallversorgung stößt in Thüringen auf Widerstand
Niedergelassene und Klinikärzte kritisieren Zusammenlegung der Dienste, nennen dafür aber unterschiedliche Gründe
Erfurt. Das geplante Bundesgesetz zur Reform der Notfallversorgung stößt bei Ärzten in Thüringen auf Widerstand. „Die Idee, den Sicherstellungsauftrag für die Notfallversorgung an die Länder zu übertragen, halten wir für falsch. In Thüringen würde das bedeuten, dass die aktuellen Bereitschaftsdienststrukturen abgeschafft würden und das Land die Aufgabe hätte, neue zu schaffen“, sagt Annette Rommel, Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Zudem müssten für die neuen Notfall-Strukturen erst wieder Ärzte gefunden werden, da bei einer Übertragung des Sicherstellungsauftrages die derzeit geltende Dienstpflicht in den Bereitschaftsdienstpraxen automatisch wegfiele.
Mit dem kürzlich als Arbeitsentwurf an die Länder verschickten Gesetz zur Reform der Notfallversorgung will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Notaufnahmen der Krankenhäuser entlasten. Dafür sollen die Rettungsdienste der Länder künftig eng mit den ärztlichen Bereitschaftsdiensten und den Notfallambulanzen der Krankenhäuser zusammenarbeiten. Ambulanter und stationärer Notfalldienst würden zu Integrierten Notfallzentren (INZ) verschmelzen, die Entscheidung über das Wo und Wie läge beim Land.
„Als KV können wir darauf verweisen, dass solche Strukturen in Thüringen von uns bereits als flächendeckendes Netz an Bereitschaftsdienstpraxen auf dem Gelände von Krankenhäusern geschaffen wurden“, sagt Rommel. Für undurchdacht halte man auch die geplante Zusammenlegung der Notrufnummern 112 und 116 117. Die Entgegennahme aller Anrufe einschließlich der bei der Terminservicestelle durch die Rettungsleitstellen wäre für Thüringen ein Rückschritt, so die KV-Chefin.
Bei der Landeskrankenhausgesellschaft will man zunächst abwarten, wohin sich das Gesetz entwickelt. „Noch ist nichts spruchreif“, sagt Geschäftsführer Rainer Poniewaß.
Gleichzeitig verweist man im Internet auf Stellungnahmen der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), die die Hoheit über die Neuorganisation der Notfallversorgung für die Kliniken reklamiert. „Die bis dato im Gesetz verankerte Zuständigkeit bei den KVn hat nicht funktioniert. Die Krankenhäuser stehen bereit, mit den Ländern die Notfallversorgung zu organisieren“, erklärte DKG-Präsident Gerald Gaß nach Bekanntwerden der Reformpläne. Die INZ seien völlig inakzeptabel und weltfremd, hieß es jüngst. Für die Kliniken stehe bei der ambulanten Notfallversorgung die Überwindung der unzureichenden Vergütung als Reformziel im Mittelpunkt. Bei der Krankenkasse DAK hält man die INZ dagegen für einen zielführenden Ansatz. „Als räumlich und wirtschaftlich abgegrenzte Einrichtungen mit eigenständiger Leitung führen sie den ärztlichen Bereitschaftsdienst und die Notaufnahme des Krankenhauses zusammen. Ziel ist es, eine gezielte Steuerung der Patienten in ambulante oder stationäre Versorgung zu ermöglichen, um so auch die Krankenhäuser zu entlasten“, sagt DAK-Landeschef Marcus Kaiser.
Leitartikel