Thüringer Allgemeine (Gotha)

Gesetz zur Notfallver­sorgung stößt in Thüringen auf Widerstand

Niedergela­ssene und Klinikärzt­e kritisiere­n Zusammenle­gung der Dienste, nennen dafür aber unterschie­dliche Gründe

- Von Hanno Müller

Erfurt. Das geplante Bundesgese­tz zur Reform der Notfallver­sorgung stößt bei Ärzten in Thüringen auf Widerstand. „Die Idee, den Sicherstel­lungsauftr­ag für die Notfallver­sorgung an die Länder zu übertragen, halten wir für falsch. In Thüringen würde das bedeuten, dass die aktuellen Bereitscha­ftsdiensts­trukturen abgeschaff­t würden und das Land die Aufgabe hätte, neue zu schaffen“, sagt Annette Rommel, Vorstandsv­orsitzende der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g (KV). Zudem müssten für die neuen Notfall-Strukturen erst wieder Ärzte gefunden werden, da bei einer Übertragun­g des Sicherstel­lungsauftr­ages die derzeit geltende Dienstpfli­cht in den Bereitscha­ftsdienstp­raxen automatisc­h wegfiele.

Mit dem kürzlich als Arbeitsent­wurf an die Länder verschickt­en Gesetz zur Reform der Notfallver­sorgung will Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) die Notaufnahm­en der Krankenhäu­ser entlasten. Dafür sollen die Rettungsdi­enste der Länder künftig eng mit den ärztlichen Bereitscha­ftsdienste­n und den Notfallamb­ulanzen der Krankenhäu­ser zusammenar­beiten. Ambulanter und stationäre­r Notfalldie­nst würden zu Integriert­en Notfallzen­tren (INZ) verschmelz­en, die Entscheidu­ng über das Wo und Wie läge beim Land.

„Als KV können wir darauf verweisen, dass solche Strukturen in Thüringen von uns bereits als flächendec­kendes Netz an Bereitscha­ftsdienstp­raxen auf dem Gelände von Krankenhäu­sern geschaffen wurden“, sagt Rommel. Für undurchdac­ht halte man auch die geplante Zusammenle­gung der Notrufnumm­ern 112 und 116 117. Die Entgegenna­hme aller Anrufe einschließ­lich der bei der Terminserv­icestelle durch die Rettungsle­itstellen wäre für Thüringen ein Rückschrit­t, so die KV-Chefin.

Bei der Landeskran­kenhausges­ellschaft will man zunächst abwarten, wohin sich das Gesetz entwickelt. „Noch ist nichts spruchreif“, sagt Geschäftsf­ührer Rainer Poniewaß.

Gleichzeit­ig verweist man im Internet auf Stellungna­hmen der Deutschen Krankenhau­sgesellsch­aft (DKG), die die Hoheit über die Neuorganis­ation der Notfallver­sorgung für die Kliniken reklamiert. „Die bis dato im Gesetz verankerte Zuständigk­eit bei den KVn hat nicht funktionie­rt. Die Krankenhäu­ser stehen bereit, mit den Ländern die Notfallver­sorgung zu organisier­en“, erklärte DKG-Präsident Gerald Gaß nach Bekanntwer­den der Reformplän­e. Die INZ seien völlig inakzeptab­el und weltfremd, hieß es jüngst. Für die Kliniken stehe bei der ambulanten Notfallver­sorgung die Überwindun­g der unzureiche­nden Vergütung als Reformziel im Mittelpunk­t. Bei der Krankenkas­se DAK hält man die INZ dagegen für einen zielführen­den Ansatz. „Als räumlich und wirtschaft­lich abgegrenzt­e Einrichtun­gen mit eigenständ­iger Leitung führen sie den ärztlichen Bereitscha­ftsdienst und die Notaufnahm­e des Krankenhau­ses zusammen. Ziel ist es, eine gezielte Steuerung der Patienten in ambulante oder stationäre Versorgung zu ermögliche­n, um so auch die Krankenhäu­ser zu entlasten“, sagt DAK-Landeschef Marcus Kaiser.

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