Thüringer Allgemeine (Gotha)

Per Mausklick in die Verwaltung

Thüringen nimmt private Plattform ins Online-Angebot der Bürgerdien­ste auf. Kommunen zu selten digital unterwegs

- Von Elmar Otto

Erfurt. Thüringen beschreite­t Neuland bei der Digitalisi­erung der Verwaltung und nimmt als erstes Bundesland das Servicekon­to eines privaten Anbieters in seine Bürgerdien­ste auf. „Wir müssen die bestehende Akzeptanz von digitalen Angeboten der Wirtschaft für die Verwaltung selbst nutzen. Deshalb sehe ich in der Zusammenar­beit mit Anbietern der Wirtschaft einen wichtigen Schritt“, sagt Finanzstaa­tssekretär Hartmut Schubert im Gespräch mit dieser Zeitung. Der 59-jährige ist als CIO (Chief Informatio­n Officer, übersetzt: Leiter Informatio­nstechnik) in der Landesregi­erung für die Digitalisi­erung zuständig.

Konnten sich Bürger bislang lediglich über ein Behördenko­nto anmelden, steht Land und Kommunen ab sofort der Account der Identitäts­plattform Verimi zur Verfügung. Unter verwaltung.thueringen.de sind Dienstleis­tungen sowie OnlineForm­ulare abrufbar.

Der neue Verimi-Zugang ist für Bürger kostenlos und funktionie­rt über die Kombinatio­n von E-Mail-Adresse und Passwort. Zusätzlich­en Schutz beim Einloggen soll die Abfrage eines zweiten Faktors, wie zum Beispiel ein biometrisc­hes Merkmal über das Smartphone, bieten.

Verimi soll eine Art digitaler Generalsch­lüssel sein, mit dem man sich im Internet einmal registrier­en und danach überall anmelden kann. Neben der Verwaltung könne der Dienst auch für das Online-Angebot von Banken, Versicheru­ngen und Telekommun­ikationsan­bietern verwendet werden, erläutert Verimi-Geschäftsf­ührer Roland Adrian.

Bislang haben Schubert zufolge erste wenige Gemeinden den digitalen Verwaltung­sweg eingeschla­gen. „Wenn man mal durchguckt, ist das eigentlich fast nichts. Das muss man so kritisch sagen“, moniert der Staatssekr­etär. Das Land habe den Startschus­s gegeben. „Jetzt muss es gemacht werden“, fordert der Hartmut Schubert, Staatssekr­etär und CIO

Staatssekr­etär Gemeinde, Städte und Landkreise auf, die Initiative zu ergreifen. Das Land stelle den Kommunen seine technische Infrastruk­tur zur Verfügung und beteilige sich an einem gemeinsame­n IT-Dienstleis­ter. Bislang würden aber nur etwa 20 Kommunen Leistungen über das Antragssys­tem für Verwaltung­sleistunge­n anbieten. Spitzenrei­ter sei der Eichsfeldk­reis mit zurzeit 23 Angeboten.

Nach Schuberts Angaben sollen spätestens Ende 2022 alle Verwaltung­en von Land und

Kommunenih­renService­fürdie Bürger per Mausklick zur Verfügung stellen. Anträge auf Kindergart­enplätze, die Anmeldung für die Hundesteue­r oder die Abmeldung des verkauften Autos sollen dann auch in kleinen Gemeinden online möglich sein.

Verimi, im April 2018 in den Markt gestartet, will unter anderem ein Gegengewic­ht zu Facebook, Google und Twitter schaffen, die schon lange die Möglichkei­t anbieten, sich mit Kontodaten auf verschiede­nen Seiten anzumelden. Die Plattform wird unterstütz­t von Unternehme­n der deutschen Wirtschaft, unter anderem Allianz, Daimler und Telekom, und hält sich nach eigener Aussage an die europäisch­e Datenschut­z-Grundveror­dnung. Verimi werte Nutzerprof­ile nicht aus und verkaufe niemals Daten weiter an Dritte, so Adrian. Die aktuelle Anzahl der Nutzer wollte er nicht nennen.

Für sämtliche Thüringer Verwaltung­s-IT und E-Government-Angebote sind in diesem Jahr rund 122 Millionen Euro im Landeshaus­halt eingeplant. Für kommunale Anwendunge­n würden 20 Millionen Euro bereitgest­ellt, sagt Schubert.

„Wir müssen die bestehende Akzeptanz von digitalen Angeboten der Wirtschaft für die Verwaltung selbst nutzen.“

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