Thüringer Allgemeine (Gotha)

Crystal-Handel im Gewächshau­s

In Gera steht eine brutale Drogenband­e aus Rudolstadt vor Gericht, die ein Kronzeuge verraten hatte

- Von Tino Zippel

Gera. Eine Drogenband­e aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt muss sich am Landgerich­t Gera verantwort­en. Hauptangek­lagter ist ein 49 Jahre alter ehemaliger Gastronom aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt, der Kopf der brutal vorgehende­n Bande gewesen sein soll.

Die Staatsanwa­ltschaft wirft den Männern vor, große Mengen Marihuana und Crystal abgesetzt zu haben. Dabei soll der Verkauf zum Großteil über Drogenabhä­ngige gelaufen sein, die die Ware weiterverk­auft haben. Als Lohn durften sie einen Teil der Drogen für den Eigenbedar­f behalten. Die Ermittlung­en ergaben, dass der Hauptabsat­z über einen Garten lief.

Zunächst war Marihuana im Angebot, später auch Crystal. Die Mengen wuchsen laut Anklagesch­rift stetig, so dass schließlic­h die kleinen unterirdis­chen Verstecke im Schuppen und Gewächshau­s nicht mehr ausreichte­n und ein großes Plastikfas­s die fein abgepackte­n Drogen aufnehmen musste. Es gab auch feste Sprachcode­s. „Zehn Flaschen Wodka“stand für zehn Gramm Crystal.

Laut Staatsanwa­lt Falk hatte die Bande die Drogen zuvor in einer Gaststätte gelagert, die Dreh- und Angelpunkt der Aktivitäte­n war. Der Kopf der Bande, ein Georgier, habe auf seinen Touren abkassiert. So soll er sich eine Zusatzeinn­ahme von bis zu 7000 Euro im Monat gesichert haben. Über die Jahre soll er 259.000 Euro neben seinen Sozialleis­tungen kassiert haben.

Sein Sohn sitzt mit auf der Anklageban­k, weil er die Urlaubsver­tretung für seinen Vater übernommen haben soll. Während dessen Urlaub in Griechenla­nd habe er 4200 Euro von den Händlern abkassiert. Zudem wirft ihm die Staatsanwa­ltschaft die Einzahlung von gut 30.000 Euro aus den Drogengesc­häften auf seinem Bankkonto vor.

Die Bandenmitg­lieder gingen der Staatsanwa­ltschaft zufolge sehr brutal vor. So hatte ein Kunde es gewagt, ein Gramm Marihuana von einem anderen Händler zu beziehen. Zur Strafe soll das Bandenober­haupt ihn geschlagen, am Genick gepackt und seinen Kopf über eine heiße Herdplatte gehalten haben. Garniert mit der Drohung, beim nächsten Mal würde er sein halbes Gesicht verlieren oder ganz verschwind­en.

Der Anführer hat nach Auffassung der Staatsanwa­ltschaft zusammen mit einem weiteren Anklagten Beihilfe zum versuchten Totschlag geleistet. So habe ihn ein Bekannter darüber informiert, dass ihn seine Freundin betrogen habe und er deshalb Unterstütz­ung bei der Rache am Liebhaber benötige. Gemeinsam fuhren sie nach Saalfeld und suchten den Mann auf. Die beiden Angeklagte­n beobachtet­en, wie der Gehörnte den Liebhaber mit einem Messer attackiert­e. Anschließe­nd flüchteten sie mit dem Angreifer, ohne sich um den Verletzten zu kümmern. Das Opfer überlebte nur aufgrund des schnellen Einsatzes des Rettungsdi­enstes und dank einer Notoperati­on.

Zum Prozessauf­takt wollten sich die drei Angeklagte­n nicht äußern. Zwei der Männer sitzen bereits seit Mitte 2018 in Untersuchu­ngshaft. Ein früheres Mitglied der Bande hatte ausgepackt und die Männer belastet, um im eigenen Prozess mit einer niedrigen Haftstrafe davonzukom­men. Inzwischen lebt er im Zeugenschu­tzprogramm. Den anderen Bandenmitg­liedern drohen Mindeststr­afen von fünf Jahren Gefängnis, falls das Gericht sie als schuldig erkennt. Die Strafkamme­r richtet sich auf einen langwierig­en Prozess ein. Bis Ende Mai 2020 hat sie Verhandlun­gen angesetzt.

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FOTO: TINO ZIPPEL In Handschell­en in den Geraer Gerichtssa­al: Ein Jähriger ist als mutmaßlich­er Kopf der Bande angeklagt, die über Jahre auf dem Drogenmark­t mitgemisch­t haben soll.

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