Thüringer Allgemeine (Gotha)

Linke-Abgeordnet­e nimmt Innenminis­terium in Schutz

Katharina König-Preuss gilt eigentlich als scharfe Kritikerin des Hauses. Ramelow betont Thüringens Verantwort­ung bei der Aufklärung zum NSU

- Von Sebastian Haak

Erfurt. Der zweite Thüringer NSU-Untersuchu­ngsausschu­ss sieht eine deutliche Mitschuld der Thüringer Sicherheit­sbehörden an den Taten des Nationalso­zialistisc­hen Untergrund­s. „Die Morde und Anschläge hätten durch bessere Ermittlung­sarbeit verhindert werden können“, sagte die Ausschussv­orsitzende Dorothea Marx (SPD) am Dienstag in Erfurt bei der abschließe­nden Parlaments­debatte zum Abschlussb­ericht des Gremiums.

Gleichzeit­ig betonte Marx, es gehe dabei nicht darum, staatliche Institutio­nen in Gänze zu verurteile­n. „Wir richten uns nicht gegen Behörden“, sagte Marx. „Wir haben uns gegen Vertuschun­g und Verdrängun­g auf Leitungseb­ene zu richten, die es gegeben hat.“

Auch Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) erklärte, Thüringen habe für die Morde des NSU eine besondere Verantwort­ung. „Wir sind die Vertreter eines Staates, in dem das geschehen konnte“, sagte er. Dieser Staat habe im Fall des NSU seine Anfälligke­it dafür gezeigt, Mittäter bei schwersten Straftaten zu sein oder zuzuschaue­n, wie diese Verbrechen geschahen. Etwa ein Dutzend Angehörige von Opfern des „Nationalso­zialistisc­hen Untergrund­es“hatten die Plenardeba­tte auf der Tribüne des Plenarsaal­s verfolgt.

Alle Redner betonten während der Plenardeba­tte, die Aufklärung zu den NSU-Verbrechen sei noch nicht abgeschlos­sen und müsse fortgesetz­t werden. Nach der Kritik des NSU-Untersuchu­ngsausschu­sses über zu wenig Akteneinsi­cht nahm die Linke-Abgeordnet­e Katharina König-Preuss (Foto) das Innenminis­terium in Schutz. Das Ministeriu­m habe maximal ein Prozent der NSUAkten nicht vorgelegt, die Abgeordnet­en hätten die anderen 99 Prozent der Unterlagen nicht vollständi­g gelesen, sagte KönigPreus­s.

Die Ausschussv­orsitzende Dorothea Marx (SPD) und der CDU-Obmann Jörg Kellner hatten zuvor kritisiert, das Innenminis­terium habe den Abgeordnet­en nicht alle angeforder­ten Unterlagen zu Polizeispi­tzeln zur Verfügung gestellt. Dass Vertreter der SPD- und CDU-Fraktion das Innenminis­terium angegriffe­n hatten, sei nicht angemessen, sagte König-Preuss. Sie gilt normalerwe­ise als scharfe Kritikerin des Innenminis­teriums. Außerdem betonte die Abgeordnet­e, es sei an der Zeit für Ausgrenzun­g und Stigmatisi­erung „der extrem Rechten und der AfD“. Dafür bekam sie auch Beifall der Angehörige­n der NSU-Opfer.

Der AfD-Abgeordnet­e Jörg Henke wies diese Forderung zurück. Er habe sich nicht träumen lassen, dass eine solche Äußerung in einem Parlament einmal fallen werde, sagte er. (dpa)

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FOTO: SASCHA FROMM Angehörige und Opfer des NSU verfolgten gestern die Sitzung des Landtages auf der Zuschauert­ribüne. Im Bild sind die Eltern des Opfers Halit Yozgat, Mutter Ayse (links) und Vater Ismail (Mitte).
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