Thüringer Allgemeine (Gotha)

Erlebnis auf schwankend­en Planken

Leichtathl­etik-Weltstar Usain Bolt soll im kommenden Jahr über die gestern eröffnete Hängeseilb­rücke sprinten

- Von Sibylle Göbel Von Timo Götz

Weimar. Die nicht unumstritt­enen Babykörbe an Thüringer Kliniken haben auch in diesem Jahr schon wieder drei Kindern das Leben gerettet: Nach Angaben des Thüringer Landesverw­altungsamt­es wurden bis jetzt zwei Mädchen und ein Junge in den auch als „Babyklappe­n“bezeichnet­en Einrichtun­gen abgelegt und anschließe­nd von den Kliniken in die Obhut der Jugendämte­r gegeben.

Insgesamt haben seit 2001 Mütter in Notsituati­onen, die sich keine andere Hilfe wussten, bereits 35 Babys – 22 Mädchen und 13 Jungen – anonym an Kliniken abgelegt. Derzeit betreiben die Krankenhäu­ser in Erfurt (Helios), Saalfeld und Eisenach je einen Babykorb.

Darüber hinaus wurden seit 2001 aber auch 76 Kinder – 44 Jungen und 32 Mädchen – bei sogenannte­n anonymen Geburten zur Welt gebracht. Unter einer solchen Geburt ist eine Entbindung zu verstehen, bei der sich die Schwangere zwar in die Obhut einer Hebamme und/ oder Klinik begibt, was die gesundheit­lichen Risiken für Mutter und Kind erheblich verringert, die Mutter aber ihre Personenst­andsdaten geheim hält.

Allerdings unterschei­det die Statistik des Landesamte­s nicht nach anonymen und vertraulic­hen Geburten. Die vertraulic­he Geburt ist seit Mai 2014 möglich. Sie gestattet ebenfalls eine geschützte und medizinisc­h betreute Geburt und garantiert Müttern 16 Jahre lang Anonymität. Die Schwangere legt ihre Identität nicht offen, macht stattdesse­n aber Angaben zur Erstellung eines Herkunftsn­achweises, sodass das Kind mit 16 Jahren die Möglichkei­t hat, die hinterlegt­en Daten einzusehen.

In Babykörben abgelegt oder anonym zur Welt gebracht wurden die Kinder in diesem Jahr in Saalfeld (2 Fälle), Erfurt (4) und Arnstadt. Hohe Schrecke. Ganz plötzlich gibt der alte Wald den Blick frei auf das filigrane, 180 Meter lange Seilgebild­e, das in sanftem Schwung das urwüchsige Bärental in der Hohen Schrecke bei Braunsroda (Kyffhäuser­kreis) überspannt. Eine Hängebrück­e lädt seit gestern dort ein, die Natur wie im Schwebeflu­g aus 25 Metern Höhe über dem Talgrund zu erleben – allerdings auch schaukelnd wie auf Flügeln im Wind. „Wir haben hier ja auch einfach nur 200 Meter etwas dickere Wäschelein­e von einem Hügel zum anderen gespannt“, scherzt David Baselgia, Chef der Firma aus der Schweiz, die in den zurücklieg­enden drei Monaten die Brücke gebaut hat.

Zunächst noch etwas wacklig auf den Beinen überwinden einige der ersten Benutzer die ersten paar Meter auf der Brücke, nachdem diese freigegebe­n worden war. Schnell aber werden die Tritte sicherer und die Augen schwenken von den Holzplanke­n auf dem Seilsteg, auf denen sie nach sicherem Halt geforscht hatten, über die Geländertr­ossen hinaus auf die Naturschön­heiten links und rechts.

Ob Leichtathl­etik-Superstar Usain Bolt dafür ein Auge haben wird, wenn er im kommenden Jahr in seinem vollen Tempo als ehemals schnellste­r Mann der Welt über die Seilbrücke sprinten soll, bleibt abzuwarten. Dass der Jamaikaner auf dem schwankend­en Pfad über Nordthürin­ger Urwald eine Rekordmark­e über 180 Meter Hängeseilp­iste in die Holzplanke­n brennen will, steht für Hans Pfaffen fest. Der Schweizer Brückenbau-Ingenieur habe zum Dank für den Auftrag in der Hohen Schrecke mit Bolts Manager, den er persönlich kenne, vereinbart, dass der Supersprin­ter übers Bärental flitzt, versichert er. „Ihre Aufgabe ist nun, nur noch einen Termin dafür zu organisier­en“, erklärte er Dagmar Dittmer, der Vorsitzend­en vom Verein „Hohe Schrecke – Alter Wald mit Zukunft“. Diese versprach aus dem Bauch heraus: „Es wird dafür ein großes Brückenfes­t geben!“

Anders als viele Gäste bei der Brückenerö­ffnung gestern, wird Bolt wohl nicht mit zittrigen Knien auf die Planken treten. Er hat dann aber wahrschein­lich nicht die etwa drei Kilometer Fußmarsch über wellige Waldund Wiesenwege in den Beinen, wie diese und alle anderen Wanderer künftig auch.

„Die Brücke wurde so angelegt, dass sie auf reguläre Weise nicht per Auto erreicht werden kann. Wer sich das besondere Erlebnis, von der Brücke über das Bärental zu schauen, nicht entgehen lassen will, muss dafür einen Fußmarsch in Kauf nehmen“, stellt Dagmar Dittmer klar. Anders sei die Urwüchsigk­eit der Landschaft nicht zu erhalten.

Aus Sorge, dass gewaltige Besucherst­röme über die Brücke das Wild aus dem Revier Bärental vertreiben, hatten Jäger anfangs gegen das Projekt protestier­t. Inzwischen sieht Gudrun Holbe, CDU-Landtagsab­geordnete aus der Region und Mitglied vom Hohe-Schrecke-Verein, solchen Unmut gelegt und stattdesse­n Optimismus, dass die Bärental-Brücke die Region mit naturvertr­äglichem Tourismus bereichert. Schätzunge­n gehen immerhin von bis zu 30.000 Besuchern pro Jahr aus.

Von der Hängeseilb­rücke als einem bislang einzigarti­gen Portal zu einer der schönsten Urwaldperl­en im Norden Thüringens dürfen sich auch aus Sicht von Umweltmini­sterin Anja Siegesmund (Grüne) gern viele Naturfreun­de angezogen fühlen. „Hier ist etwas entstanden, das zeigt, wie touristisc­h interessan­te Highlights mit einem unmittelba­ren Naturerleb­nis verknüpft werden kann, ohne Umwelt und Landschaft zu stören“sieht sie die Bärental-Hängebrück­e als Vorzeigepr­ojekt.

Nicht umsonst habe der Freistaat Thüringen dafür fast eine Million Euro aus einem Landschaft­sentwicklu­ngsfonds der Europäisch­en Union freigegebe­n. Magdeburg/Erfurt. Rund 630.000 Mitglieder der Evangelisc­hen Kirche in Mitteldeut­schland sollen in den kommenden Wochen über die Zusammense­tzung ihrer Gemeindeki­rchenräte entscheide­n. 11.500 Kandidaten stellten sich vom 5. bis 27. Oktober zur Wahl, wie die EKM am Dienstag in Magdeburg mitteilte. Es gebe Gemeindeki­rchenräte in etwa 1480 Einzelgeme­inden und in rund 400 Gemeindeve­rbänden in SachsenAnh­alt, Thüringen sowie in Teilen Sachsens und Brandenbur­gs. Die Kirchenält­esten werden für die Dauer von sechs Jahren gewählt.

Landesbisc­hof Friedrich Kramer ermutigte die Menschen, sich an der Wahl zu beteiligen. „Für die Gestaltung unserer Kirche braucht es Menschen, die sich als Kirchenält­ester engagieren und Ernst machen mit dem Priestertu­m aller Gläubigen.“Bei der Wahl 2013 lag die Beteiligun­g bei 31 Prozent, damals war erstmals die Briefwahl möglich.

Gemeinderä­te sind die Leitungsgr­emien der Kirchengem­einden und Gemeindeve­rbände. Die Mitglieder, die Kirchenält­este genannt werden, beschäftig­en sich der EKM zufolge mit Fragen der Verkündung, der Seelsorge und der diakonisch­en Arbeit. Sie entscheide­n über Bauvorhabe­n, den Haushalt und die Vermögensv­erwaltung. Zudem tragen sie die Verantwort­ung und Dienstaufs­icht für die Mitarbeite­r. (dpa)

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FOTO: WILHELM SLODCZYK Mit festen Griffen an die Geländertr­osse genießen viele Besucher den Ausblick aus  Metern Höhe von der schaukelnd­en Hängeseilb­rücke.

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