Razzia bei Alexander Gauland
AfD-Fraktionschef soll Steuern hinterzogen haben. Verdacht der Bestechlichkeit gegen CDU-Abgeordnete
Berlin. Alexander Gauland hat Schnupfen. Deshalb war der AfD-Fraktionschef zu Hause, als am Donnerstagvormittag vor seinem Wohnhaus in Potsdam Ermittler auftauchten, mit einem Durchsuchungsbefehl. Der Verdacht: Steuerhinterziehung. Dem Vernehmen nach geht es um mögliche Fehler bei der gemeinsamen Veranlagung mit seiner Frau. Gauland lebt getrennt von seiner Frau mit einer Lebensgefährtin in Potsdam. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Frankfurt bestätigte die Ermittlungen, machte aber mit Verweis auf das Steuergeheimnis keine näheren Angaben. Zuständig ist die Staatsanwaltschaft Frankfurt, weil Gauland dort noch eine Meldeadresse hat.
AfD findet die Ermittlungen „unverhältnismäßig“
Die Beamten dürften aus seiner Wohnung vor allem Papiere mitgenommen haben. Denn Gauland ist, was die Nutzung von Computern angeht, bekennender technischer Analphabet. Dass gegen den 78-Jährigen ehemaligen Parteichef und Ehrenvorsitzenden der AfD in einer privaten Steuerangelegenheit ermittelt wird, war bereits im vergangenen März bekannt geworden. Damals hieß es, es gehe um einen „Fehler in der Steuererklärung“, es sei „ein reiner Verwaltungsakt“. Am Donnerstag erklärte ein Sprecher der Fraktion, diese betrachte das Ermittlungsverfahren wie auch die
Maßnahmen als „ungerechtfertigt und unverhältnismäßig“.
Der Bundestag hatte am Donnerstagmorgen die parlamentarische Immunität Gaulands aufgehoben. Abgeordnete des Parlaments sind durch ihr Mandat zunächst vor Strafverfolgung geschützt. Stellen Ermittlungsbehörden einen Antrag auf Aufhebung der Immunität, müssen die Abgeordneten des Bundestags darüber abstimmen. In dieser Legislatur haben sie das bereits in 17 Fällen getan, betroffen waren 14 einzelne Abgeordnete. In allen Fällen entschied das Parlament für eine Aufhebung. Einschließlich Gauland sind es fünf AfD-Abgeordnete, die ihren Schutz verloren haben, sowie zwei ehemalige Mitglieder der Fraktion. Die Partei, die sich selbst mit Vorliebe als Hüterin des Rechtsstaats inszeniert, macht sich damit angreifbar für Kritik.
Aber auch Vertreter von CDU, CSU, FDP und der Linken waren seit 2017 bereits betroffen. Gauland war auch am Donnerstag nicht der einzige, der seinen Schutz vor Strafverfolgung eingebüßt hat. Auch im Fall der CDU-Abgeordneten Karin Strenz folgte der Bundestag der Empfehlung des zuständigen Ausschusses, Ermittlungen zuzulassen.
Gegen Strenz wird im Zusammenhang mit Lobbyarbeit für Aserbaidschan wegen Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern ermittelt. Das Abgeordnetenbüro der Politikerin aus Mecklenburg-Vorpommern wurde durchsucht, ebenso Räume des ehemaligen CSU-Abgeordneten Eduard
Lintner. Durchsucht wurden laut Staatsanwaltschaft unter anderem das Abgeordnetenbüro von Strenz im Bundestag, ihre Privatwohnung sowie weitere Wohnungen, Geschäftsräume
und Anwaltskanzleien in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Bayern und Belgien. Strenz und Lintner werden Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern zur Last gelegt. Die Vorwürfe stehen im Zusammenhang mit der Arbeit der beiden Unionspolitiker in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats. Sie sollen sich gegen Bezahlung für die autoritär regierte Kaukasusrepublik Aserbaidschan eingesetzt haben.
Strenz soll laut Staatsanwaltschaft mindestens 22.000 Euro erhalten haben. Bereits im vergangenen Jahr hatte der Bundestag gegen sie eine Geldstrafe von knapp 20.000 Euro verhängt – auch damals ging es um Bestechungsgeld aus Aserbaidschan. Deutlich schwerer wiegen die Vorwürfe gegen den ehemaligen CSU-Abgeordneten und Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Lintner. Er soll von 2008 bis 2016 aus Aserbaidschan rund vier Millionen Euro über britische Briefkastenfirmen mit Konten im Baltikum erhalten haben, die einer sogenannten aserbaidschanischen Waschmaschine zugerechnet werden.
Lintner soll das Geld mit dem Ziel erhalten haben, dieses zum Teil an andere Abgeordnete der Parlamentarischen Versammlung des Europarats weiterzuleiten. Diese sollen sich im Gegenzug dafür in den Medien positiv über Wahlen in Aserbaidschan geäußert und sich bewusst gegen die Freilassung politischer Gefangener in Aserbaidschan ausgesprochen haben, obwohl die Parlamentarische Versammlung sich insbesondere dem Schutz der Menschenrechte verschrieben hat. Lintner weist die Vorwürfe als „haltlos“zurück. (mit afp)